Foscarnet und Aids

Washington (taz) — Ein neues Medikament, mit dem eine bei Aids-Patienten häufig auftretende Netzhautentzündung behandelt wird, verlängert das Leben der Kranken. Dies gab das US-amerikanische „National Eye Institute“ Anfang dieser Woche bekannt. Das Institut verabreichte 240 Personen das Medikament „Foscarnet“. Dabei hatten die Versuchsleiter festgestellt, daß Foscarnet nicht nur die Netzhautentzündung unter Kontrolle hält, sondern das Leben der Versuchspersonen um fünfzig Prozent verlängert. Patienten, die das neue Medikament nahmen, lebten im Schnitt noch zwölf Monate, nachdem sie an Cytomegalovirus Retinitis (CMV Retinitis) erkrankten. Kontrollpersonen, die mit dem Medikament Ganciclovir behandelt worden waren, lebten noch acht Monate.

Die Ergebnisse waren so eindeutig, daß das Institut den Versuch aus ethischen Gründen abgebrochen hat, um allen Patienten die Möglichkeit zu geben, auf Foscarnet umzusteigen. Etwa zwanzig Prozent aller Aids-Kranken leiden an CMV Retinitis. Die Krankheit führt, wenn sie unbehandelt bleibt, zur Zerstörung der Netzhaut und Erblindung. Sie wird von einem Virus ausgelöst, der etwa die Hälfte aller US-Bürger irgendwann infiziert, bei Gesunden jedoch durch das Immunsystem unterdrückt wird.

Sowohl Foscarnet wie Ganciclovir werden täglich intravenös verabreicht. Die Ärzte vermuten, daß Foscarnet das Aids-Virus direkt unterdrückt. Foscarnet hat jedoch auch einen Nachteil gegenüber dem herkömmlichen Medikament. Es verursacht bei etwa fünfzig Prozent der Patienten teilweise schwere Übelkeit. Diese Kranken, so Versuchsbeobachter Douglas Dieterich, müssen sich also für ein längeres Leben bei schlechtem Befinden oder ein kürzeres Leben bei besserem Befinden entscheiden. Bisher sind vierzig Prozent der an der Studie beteiligten Personen, die Ganciclovir genommen hatten, auf Foscarnet umgestiegen. Silvia Sanides