Möllemann kritisiert Umweltabgaben

■ Wirtschaftsminister wittert Wettbewerbsnachteilte/ Töpfer verlangt ökologische Energiewirtschaft

Bonn (taz) — Umweltabgaben soll es nur dann geben, wenn andere Steuern und Abgaben gesenkt werden. So jedenfalls will es Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP), der die Grenze der Belastung von Wirtschaft und Arbeitnehmern als erreicht ansieht. Eine umweltpolitische Verordnung nach der anderen zu erlassen, so der Minister, mache keinen Sinn, solange sie nicht im Gesamtzusammenhang mit Energie- und Steuerpolitik gelöst würden. Die vorgesehenen Abgaben auf Kohlendioxid-Emissionen und Abfall belasten nach Auffassung des Wirtschaftsministers die deutsche Wirtschaft zu stark. Welche Spielräume es für derartige Abgaben gibt, werde sich erst nach einer Entscheidung über die geplante Unternehmenssteuerreform herausstellen.

Möllemann setzt gegenüber Töpfers CO2-Abgabe die von der EG- Kommission avisierte Mischung aus einer Primärenergie- und einer CO2- Abgabe. Ablehnend äußerte er sich auch zur geplante Rücknahme-Verordnung von Computerschrott, die er angesichts freiwilliger Bemühungen der Industrie als überflüssig ansieht. Und ein Abfallgesetz, nach dem alles außer Hausmüll Sonderabfall sei, hält Möllemann gar für ganz falsch: ihm würde eine Deponieabgabe für Sondermüll genügen.

Die entfachte Kontroverse der beiden Ressorts über die CO2-Abgabe ist energiepolitisch bedeutsam: Sie würde die subventionsabhängige deutsche Kohle, insbesondere die Braunkohle, noch einmal verteuern. Wettbewerbsnachteile für den Standort Deutschland wären die Folge, die den Wirtschaftsminister letztendlich zu seiner Ablehnung gebracht haben dürften.

Durch den Streit gerät möglicherweise das von der Bundesregierung bereits beschlossene CO2-Programm in Gefahr. Für die 25prozentige Reduktion bis zum Jahre 2005 soll in diesem Herbst ein entsprechendes Energiekonzept vorgelegt werden. Einigkeit scheint darüber noch nicht zu bestehen, hat doch Möllemann bereits die Einberufung einer unabhängigen Kommission angekündigt, die den energiepolitischen Konsens neu bestimmen soll.

Im Umweltministerium ist man derweil bemüht, den Konflikt herunterzuspielen; dort wird lapidar auf „zukünftige interministerielle Gespräche“ verwiesen. Auf dem Energiekongreß der nordrhein-westfälischen IHK verteidigte Klaus Töpfer (CDU) die Kombination von ordnungspolitischen Instrumenten und marktwirtschaftlichen Anreizen: sie habe sich „glänzend bewährt“; der Industriestandort Deutschland profitiere davon.

Töpfer griff im Gegenzug die Energiepolitik seines Kabinettskollegen an: Er pocht auf ökologische Reformen des Energiewirtschaftsgesetzes. Damit sollen mehr marktwirtschaftliche Anreize für eine umweltgerechte Energiepolitik geschaffen werden. Auch Umweltexperten sagen, hier habe Möllemann bisher gekniffen. Bernd Ulrich/es