Gegenwind für Polens Sozialdemokratie

■ Polens Sozialdemokraten macht im Wahlkampf ihre kommunistische Vergangenheit zu schaffen

Inzwischen sind sie zu den Prügelknaben des Wahlkampfs geworden: Polens Sozialdemokraten, die die Nachfolge der PVAP angetreten haben und nun Zusammen mit den kommunistischen Gewerkschaften OPZZ, zahlreichen linken, antiklerikalen und feministischen Gruppierungen und einer Truppe bedeutungsloser, aber strammer Kommunisten aus Kattowitz als „Bündnis der demokratischen Linken“ antreten. Denn am meisten macht ihnen ihre Vergangenheit zu schaffen. Parteichef Aleksander Kwasniewski, der auf den Plakaten in Warschau Dynamik und Offenheit ausstrahlen soll, spricht regelmäßig von den „Millionen einfacher Parteimitglieder, die aufopferungsvoll dem Lande gedient haben“ und die jetzt der Demagogie der Rechten zum Opfer fielen. Stolz sei man, bei der PVAP gewesen zu sein, etwas zu schulden habe man sich nicht kommen lassen.

Kwasniewski hat zur Pressekonferenz in das Warschauer Hauptquartier des Wahlkampfbündnisses geladen. Gekommen sind mindestens viermal mehr Kandidaten als Journalisten. Auf die Frage, wieviele der Kandidaten früher KP- Mitglieder waren, hebt eine allgemeine Diskussion darüber an, ob diese Frage zulässig oder geradezu hinterhältig ist und warum eine solche Mitgliedschaft keinerlei Makel darstellt. Schließlich stellt sich heraus, daß ganze zwei der ca. 20 Kandidaten nicht in der PVAP waren. Jerzy Wiatr, einst einer der Sprecher des Reformerflügels der PVAP, fühlt sich wesentlich wohler, wenn er über sein Programm sprechen kann: Mehr Sozialhilfe, mehr staatlicher Interventionismus, „Gleichberechtigung aller Eigentumssektoren“, kein Ausverkauf bei der Privatisierung. „Unser Programm ist das, was 1981 und 1989 Solidarność gefordert hat“, hebt er an, „nur daß wir immer noch dazu stehen.“

Doch den Sozialdemokraten weht der Wind ins Gesicht. Rechtzeitig zu Beginn des Wahlkampfes trat der Vorsitzende des Parlamentarischen Bürgerklubs, Mieczyslaw Gil, vor das Hohe Haus und forderte den Staatsschutz auf, zu prüfen, ob „führende Mitglieder der postkommunistischen Sozialdemokratie im Vorfeld des Moskauer Putsches Kontakte mit den späteren Putschisten gepflegt haben“. Inzwischen steht fest, daß der Generalsekretär der Sozialdemokraten, Leszek Miller, und sein Parteikassierer während des Putsches auf der Krim waren und sich zuvor im gleichen Ferienhaus wie Innenminister Boris Pugo aufgehalten haben. Direkte Kontakte konnte der Staatsschutz den beiden allerdings nicht nachweisen. Schmerzlich für die vereinigten Linken: Statt einen Wahlkampf gegen die sozialen Folgen der Wirtschaftsreform führen sie nun einen Verteidigungsfeldzug gegen die Vorwürfe ihrer Gegner.

Und auch die Regierung hat inzwischen gegen die Sozialdemokraten Partei ergriffen und ihre angekündigte Zurückhaltung erst einmal aufgegeben: Regierungssprecher Zarembski warnte vor „brutalen propagandistischen Attacken der postkommunistischen Kräfte.“ Klaus Bachmann, Warschau