KOMMENTAR
: Frau Süssmuths Verantwortung

■ Der Skandal um die Benecke-Stiftung und die Wohltaten für Herrn Süssmuth

Die gravierenden Verfehlungen und die persönlichen Bereicherungen in der Otto-Benecke-Stiftung zu Lasten des Steuerzahlers sind nur eine Seite des Skandals. Die Vertreter der Stiftung sind auch für die Folgen ihres Tuns verantwortlich. Nach Aufdeckung der Machenschaften ist nämlich auch die berufliche Zukunft der mehreren hundert Beschäftigten bedroht. Möglich wurde der Skandal jedoch nur, weil sich die Stiftung viele Jahre lang einer politischen Protektion quer durch alle Parteien sicher sein konnte — Folge einer ausgiebigen Pflege des politischen Raumes durch das OBS-Führungspersonal.

Der freundschaftliche Umgang mit Außenminister Genscher (FDP), den der OBS-Generalsekretär Beitz pflegte und der oftmalige diskrete Hinweis darauf, sorgte im Außenamt dafür, daß die Millionen für die Benecke-Stiftung auch dann noch flossen, als selbst Referatsleiter im Auswärtigen Amt längst Alarm schlugen. Das Netz der politischen Kontakte war bestens ausgebaut und nach allen Richtungen hin gut verankert.

Vergeblich bemühte sich deshalb auch der Bundesrechnungshof um eine Umsteuerung. Seine detaillierten Vorwürfe wurden vielmehr gnadenlos abgebügelt und verschleppt. Auch Ministeriale, eigentlich dem korrekten Umgang mit den Steuermillionen verpflichtet, ließen sich zu willfährigen Werkzeugen im Millionen-Roulett zugunsten der Stiftung machen.

Zum Netz gehört auch der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), der als OBS-Mitgründer dem Stiftungs-Kuratorium vorsteht. Es ist eine bezeichnende Fußnote, daß die OBS bis heute einem von Diepgen viele Jahre geführten Verein eine großzügige Villa in bester Berlin-Lage zu einem Freundschaftspreis vermietet. Es gehört zum Skandal, daß die einstigen Gönner, wie beispielsweise der Bundestagsvizepräsident Cronenberg (FDP) als Vorstandsvorsitzender der Stiftung, trotz langer Kenntnis der Verfehlungen nichts dagegen getan haben. Vielmehr setzt man sich erst dann ab, nachdem die reputierliche Fassade der Stiftung durch die taz-Enthüllungen zusammengebrochen ist.

In besonderer Weise verschränken sich die OBS-Gefälligkeiten bei der Familie Süssmuth. Nicht die persönlichen Kontakte gilt es zu kritisieren, die zwangsläufig im engen Bonn entstehen. Die Kontaktsuche der Lobbyisten, das gezielte name-dropping, gehört zur Alltagserfahrung jedes Politikers. Dieses Treiben kennt auch die Bundestagspräsidentin seit vielen Jahren und muß sich entsprechend verhalten. Verantwortung trägt die zweithöchste Politikerin der Bundesrepublik dabei auch für ihren Ehemann. Das ist nicht vorrangig eine Frage des Strafrechts, sondern vor allem der politischen Kultur, ob sich Herr Süssmuth von der OBS in so auffälliger Weise hofieren läßt. Illegal die Dienstwagen des Bundestages zu nutzen, wie es sich der Süssmuth-Gatte leistete, sind Kleinigkeiten gegen die etlichen hunderttausend Mark, die die Benecke-Stiftung springen ließ, um Süssmuths persönliche und wissenschaftliche Karriere zu fördern. Insbesondere, wenn Frau Süssmuth jahrelang als Ministerin größter Geldgeber für die Benecke-Stiftung war. Frau Süssmuth, die selber einst auf Einladung der Benecke-Stiftung nach Afrika fuhr, wird darauf eine politische Antwort geben müssen. Gerd Nowakowski