Verdeckte Ermittler und Lauschangriffe erlaubt

■ ASOG-Entwurf des Senats hat nach Ansicht von Experten schwere Mängel/ Selbst Bürgerinitiativen würde künftig eine Polizeiüberwachung drohen

Berlin. Schwere Mängel attestieren Datenschutzexperten dem Entwurf für ein neues Berliner Polizeigesetz, den die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD am nächsten Donnerstag ins Abgeordnetenhaus einbringen wollen.

Der Berliner Entwurf für ein neugefaßtes Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), der der taz vorliegt, erlaubt nicht nur den Einsatz von verdeckten Ermittlern, sondern auch Lauschangriffe auf Privatwohnungen, dies freilich mit der Einschränkung, daß die Abhörmaßnahme »zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerläßlich ist«.

Die Polizei verfüge mit dem von der Senatsinnenverwaltung erarbeiteten ASOG-Entwurf über »beliebig erweiterbare Zugriffsmöglichkeiten«, klagt die AL-Datenschutzexpertin Lena Schraut. Abhörmaßnahmen müßten zwar von einem Richter angeordnet werden. Bei »Gefahr im Verzug« und für den Einsatz von verdeckten Ermittlern genüge jedoch das grüne Licht des Polizeipräsidenten. Auch die heftig umstrittene »Prostituiertenkartei« der Berliner Polizei wäre nach wie vor zulässig.

Nicht nur Personen, die der Polizei als tatverdächtig gelten, müssen laut ASOG-Entwurf mit Rund-um- die-Uhr-Oberservationen und dem »verdeckten Einsatz technischer Mittel« rechnen. Die Observation und die Verfolgung mittels Videokameras, Peilsendern oder Richtmikrofonen könne sich auch auf dritte Personen erstrecken, »wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen«, daß diese Personen mit Tatverdächtigen »in einer Weise in Verbindung stehen, daß die Maßnahme zur vorbeugenden Bekämpfung der Straftaten beitragen wird«. Wenn den Ordnungshütern dies zur »vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erheblicher Bedeutung« als »unerläßlich« erscheint, dürfen sie so gewonnene Daten über Nicht-Straftäter drei Jahre lang speichern.

Auch das Auskunftsrecht der Bürger sei in dem ASOG-Entwurf offensichtlich eingeschränkt worden, kritisiert Schraut. Bürger müssen danach zwar auf Antrag »Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten« erhalten. Gleichzeitig — und abweichend vom Datenschutzgesetz — wird von ihnen jedoch verlangt, »die Art« der verlangten Daten »näher« zu bezeichnen.

Der Verwaltungsentwurf verlangt als Voraussetzung für Oberservationen und für den Einsatz verdeckter Ermittler den begründeten Verdacht, daß Straftaten von »erheblicher Bedeutung« drohen könnten. Die Fachleute von SPD und CDU sorgten bei ihrer Überarbeitung des Senatsentwurfs nicht etwa für eine Konkretisierung dieser Bestimmung, sondern für eine Erweiterung. Nach ihren Vorstellungen rechtfertigen nicht nur drohende Straftaten besondere Überwachungsangriffe, sondern auch »Vergehen und Ordnungswidrigkeiten, die aufgrund ihrer Dauer oder Schwere eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen«. Logische Konsequenz: Selbst eine Bürgerinitiative, die eine Straßenblockade vorbereitet, dürfte von der Polizei mit verdeckten Ermittlern unterwandert werden. Hmt