Kohle für Kumpel, die sich umschulen lassen?

Saarbrücken (ap) — Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann hält eine Prämie für ausscheidende Bergleute für denkbar. Als eine Möglichkeit des Subventionsabbaus. Dabei bekräftigte Möllemann ungeachtet der scharfen Kritik seitens der IG Bergbau und Energie die Absicht, die Kohleförderung zu drosseln und bis zum Jahr 2005 rund 40.000 Arbeitsplätze abzubauen. Die Atomkraftwerke müßten auf absehbare Zeit weiter genutzt werden. Bei den Fraktionen des saarländischen Landtags stieß das Konzept Möllemanns auf einhellige Ablehnung.

Der Wirtschaftsminister verwies auf die hohen Subventionen für den Bergbau. Auf die Beschäftigten umgerechnet, werde jeder Bergmann jährlich mit 76.000 Mark subventioniert. Öffentliche Mittel könnten den Bergleuten auch als Mobilitätshilfe angeboten werden, sagte Möllemann. Eine Prämie für ausscheidende Bergleute wäre nicht „einfach zu vertreten, weil natürlich Abertausende von Menschen Jahr für Jahr in anderen Branchen der Wirtschaft solche Mobilität zeigen müssen“. Er schließe aber nicht aus, daß „wir das Überwechseln von Bergleuten in andere Wirtschaftsbereiche fördern, auch mit Prämien fördern können“.

Möllemann äußerte die Erwartung, daß im Jahr 2005 in der Bundesrepublik rund 40.000 Bergleute weniger beschäftigt sein werden als jetzt. Diese Zahl ergebe sich aus dem bisherigen „vorsichtigen Konsens“ in der Kohlerunde über den Abbau der Steinkohleförderung von derzeit 70 Millionen Tonnen im Jahr auf 50 Millionen Tonnen im Jahr 2005. Der Bundeswirtschaftsminister bezweifelte dabei, daß der Abbau von 40.000 Arbeitsplätzen „in einem 80-Millionen-Volk Massenentlassungen“ bedeute.

Die ausscheidenden Bergleute, die heute im Schnitt 33 Jahre alt seien, werde man nicht zu Frührentnern machen können, sagte Möllemann. Daher bleibe gar keine andere Möglichkeit, als daß die im Bergbau Beschäftigten nach Umschulung oder zusätzlicher Qualifizierung andere Aufgaben wahrnehmen müßten. Dabei sei es „klug, das in einer Zeit zu tun, in der wir Hochkonjunktur haben und viele hunderttausend neue Arbeitsplätze entstehen“.

Möllemann bekräftigte, daß er sich konsequent für einen niedrigeren Anteil der Braun- und Steinkohle an der künftigen Energieerzeugung einsetzen werde.

Bei der großen Kohlerunde müsse um ein Ergebnis gerungen werden, das von allen Beteiligten gemeinsam getragen werde. Chef der IG Bergbau, Hans Berger, hatte den Plan des Ministers am Wochenende als „ganz böse Provokation“ bezeichnet und erklärt: „Wenn Möllemann das nicht zurückzieht, dann wird es mit uns kein Einvernehmen in der Kohlerunde geben, dann werden wir im ganzen Land den Widerstand organisieren.“

Zur Kernenergie erklärte Möllemann, die vorhandenen Atomkraftwerke müßten auf absehbare Zeit weiter genutzt werden. „Wir sollten nicht heucheln und vorgeben, wir würden auf die Kernenergie verzichten.“

Die saarländischen Landtagsparteien kritisierten einhellig die energiepolitischen Pläne Möllemanns. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Peter Jacoby, bezeichnete das Konzept in Saarbrücken als Zumutung, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Leo Petry, sprach von Zynismus und Schwachsinn. Möllemann gefährde mit seiner Position einen Konsens in der Energiepolitik, sagten sie. Er müsse sich hinsichtlich der künftigen Fördermengen der heimischen Steinkohle weiter bewegen, meinte Jacoby. Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Norbert Wagner sagte: „Wir stehen auf der Seite des Bergbaus.“