Die Müllberge sollen schrumpfen

■ Umweltverwaltung will den Müll bis 1995 halbieren/ Neue Verpackungsverordnung

Berlin. Die von der Bundesregierung im Mai verabschiedete neue Verpackungsverordnung sowie eine geplante Verordnung zur Rücknahme von Altpapier werden nach Einschätzung der Senatsumweltverwaltung der Stadt künftig ein wesentlich verringertes Müllaufkommen bescheren. Laut Umweltstaatssekretär Lutz Wicke glaubt die Verwaltung, auch mit Hilfe zusätzlicher eigener Maßnahmen zur verstärkten Abfallvermeidung und -reduzierung bis 1995 allein die in Berlin anfallende Hausmüllmenge um 20 Prozent senken zu können. Durch die Kompostierung von Biomüll könnten die Hausabfälle noch einmal um 15 Prozent, dank des Recyclings um weitere 16 Prozent minimiert werden, erklärte Wicke gestern. Dem Staatssekretär zufolge habe sich die Verwaltung zum Ziel gesetzt, das Hausmüllaufkommen bis 1995 insgesamt um 54 Prozent zu vermindern, so daß jährlich auf den Einwohner gerechnet nur noch 151 Kilo anfielen. Derzeit produziert jede/r BerlinerIn 337 Kilo Hausmüll. Statt wie heute 2,7 Millionen Tonnen sollen in vier Jahren lediglich noch 1,43 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle (Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfälle, Müll aus der Straßenreinigung) behandelt und abgelagert werden. Ob man dieses Ziel hundertprozentig erreichen werde, könne er nicht versprechen, schränkte Wicke vorsichtig ein. Jedenfalls sei die von allen Seiten kritisierte Verpackungsordnung Bundesumweltminister Töpfers ein »ganz schön scharfes Schwert«, um Hersteller und Handel zum Verzicht auf die gigantischen Mengen von Verpackungen zu bewegen.

Nach den Worten Wickes könne der Senat eine Reihe eigener zusätzlicher Anstöße zur verstärkten Abfallvermeidung und -verwertung in der Stadt geben. Was Produktionsabfälle betrifft, wolle die Verwaltung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gegenüber den Betreibern genehmigungsbedürftiger Anlagen diesbezüglich nachträgliche Anordnungen erlassen. Etwa 330 von 1.050 erfaßten Anlagenbetreibern müßten mit neuen Abfallauflagen rechnen. Weiter werde nach dem Vorbild von Baden-Württemberg ein Berliner Sonderabfall-Abgabengesetz vorbereitet. Vorgesehen sei, auf Sonderabfälle je nach Kategorie im ersten Jahr der Erhebung Deponieabgaben von 50, 100 oder 150 Mark je Tonne zu erheben. Diese Abgaben sollten einer projektierten Sonderabfallentsorgungsgesellschaft der Länder Berlin und Brandenburg zufließen.

Wie Wicke bestätigte, ist derzeit jedoch noch nicht einmal klar, ob die schon vor anderthalb Jahren von der Berliner Industrie- und Handelskammer angeregte Gesellschaft auch Müllerverbrennungsanlagen errichten und betreiben soll. Wünschenswert wäre es, sagte der Staatssekretär. Wicke zufolge strebe die Umweltverwaltung außerdem neue, lineare Tarife der Stadtreinigungs-Betriebe (BSR) an. Thomas Knauf