Wieder Deportationen angekündigt

London und Hanoi einig über Abschiebung vietnamesischer boat people aus Hongkong  ■ Aus Hongkong Stephen Vines

In dem Tauziehen über das Schicksal der in Hongkong gestrandeten vietnamesischen boat people sind Großbritannien und Vietnam gestern zu einem neuen Übereinkommen gelangt.

Wie Hongkonger Behördenvertreter erklärten, haben sich London und Hanoi über die Deportation aller vietnamesischen boat people in Hongkong geeinigt, die keinen Flüchtlingsstatus erhalten haben. Das „umfassende Abkommen“ läßt allerdings offen, ob es auch auf die mehr als 50.000 boat people angewendet werden soll, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde oder die wahrscheinlich keinen Flüchtlingsstatus erhalten werden.

Wie ein Vertreter der britischen Kolonialregierung, Alistair Asprey, gestern erklärte, sollen in einem ersten Schritt, der bereits vor einigen Wochen angekündigt worden war, etwa 200 Vietnamesen deportiert werden. Das betrifft jene Gruppe, die zum zweiten Mal nach Hongkong gereist waren, nachdem sie bereits einmal freiwillig nach Vietnam zurückgegangen waren. Sie sollen vor Ende nächsten Monats zurückgeschickt werden.

Desweiteren sollen nun alle Neuankömmlinge sofort nach ihrer Ankunft durch ein Schnellverfahren geschleust werden. Im Falle ihrer Ablehnung soll ihre Abschiebung innerhalb weniger Wochen erfolgen. Allerdings haben sich die Ankunftszahlen neuer boat people in den vergangenen Wochen bereits stark reduziert. In den Hongkonger Internierungslagern sitzen über 21.000 boat people, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde.

Asprey vermutete, daß sich die Zahl der abgelehnten Asylbewerber eventuell auf über 50.000 erhöhen werden. Auch diese würden deportiert. Für diese Gruppe gäbe es aber noch keine Übereinkunft mit Vietnam über Zeitplan und Art der Deportationen.

Obwohl es Berichte gibt, denen zufolge vietnamesische Behördenvertreter mit Bestrafung zurückgekehrter boat people gedroht haben, sagte Asprey, die Regierung in Hanoi habe „garantiert, daß kein illegaler Einwanderer nach seiner Rückkehr in Vietnam verfolgt werden wird“. Es ist kein Zufall, daß die nun erfolgte Übereinkunft innerhalb weniger Tage nach dem Kambodscha- Friedensabkommen zustande kam. Denn die Lösung des Kambodscha- Problems hat in starkem Maße zu einer verbesserten Beziehung Vietnams zu der nicht-kommunistischen Welt beigetragen.

Die Regierung in Hanoi ist bemüht, diese neuen Beziehungen insbesondere mit ihren Nachbarn in der Region weiter voranzutreiben. Auch Indonesien, Malaysia und die Philippinen sind widerstrebende Gastgeber für vietnamesische boat people. Hongkonger Behördenvertreter prognostizieren denn auch, daß das britisch-vietnamesische Abkommen in Kürze auf diese Länder ausgedehnt werden wird.