piwik no script img

EG schwenkt auf Kompromißlinie ein

■ Niederländischer Vorschlag zur Politischen Union wertet Europaparlament ein bißchen auf Alle außer Großbritannien einverstanden/ Zentralbankchefs sind sich uneinig über Währungsinstitut

Brüssel/Den Haag (taz/ap/afp) — Je näher der EG-Gipfel in Maastricht rückt, desto schwammiger werden die Entwürfe für Europas Zukunft. Jüngstes Beispiel sind zwei Kompromißvorschläge zur Politischen Union und zur Wirtschafts- und Währungsunion, die die niederländische Regierung am Montag vorgelegt hat — mit unterschiedlicher Resonanz: Die vorgeschlagene teilweise Aufwertung des Europaparlamentes fand bei einer außerordentlichen Sitzung in Brüssel die Zustimmung von allen Außenministern — außer dem britischen. Der Entwurf zur Währungsunion hingegen, der eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Integration vorsieht, stieß auf Kritik.

Seitdem ihr letzter, viel weitergehender Vorschlag zur Politischen Union bei den anderen Regierungen durchgerasselt war, stand die niederländische Regierung unter Erfolgszwang. Diesem Umstand trägt das neue Papier Rechnung: Es sieht eine leichte Kompetenzerweiterung für das Europaparlament vor, ohne die Brüsseler Bürokratie und die nationalen Regierungen besonders zu beschneiden.

Vor allem bei Gesetzesvorhaben in den Bereichen Verbraucherschutz, Umwelt und Forschung räumt der Entwurf dem Europaparlament Entscheidungsbefugnis ein. Falls dort keine Einigung erzielt wird, können allerdings die Ratsmitglieder der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel den Vorschlag auch mit relativer Mehrheit annehmen. Wenn das Europaparlament auf einer Ablehnung beharrt, muß es eine absolute Mehrheit finden. Die Außenminister der EG sprachen sich auch für eine Erweiterung der beratenden Funktion des Europaparlaments aus.

Die Abgeordneten sollen künftig bei Beitritten neuer Länder und bestimmten Abkommen konsultiert werden. Insbesondere Deutschland war dafür eingetreten, dem Europaparlament mehr Befugnisse einzuräumen und war dabei von Belgien, den Niederlanden, Spanien und Italien unterstützt worden. Am Montag gaben auch Portugal, Dänemark und Frankreich ihren Widerstand auf. Die britische Regierung begründet ihre Ablehnung damit, daß eine Erweiterung der Befugnisse des Europaparlaments die nationalen Parlamente entmachte.

Der Entwurf über einen langsameren Weg zur einheitlichen Euro- Währung Ecu stieß hingegen auf Kritik. In der Vorlage wird Großbritannien, das sich noch nicht dem Ziel der einheitlichen europäischen Währung verschreiben will, sowie den wirtschaftlichen Nachzüglern der Zwölfergemeinschaft die Möglichkeit geboten, ihren Einstieg in die Wirtschafts- und Währungsunion hinauszuzögern. Die Niederländer schlagen vor, daß sich alle zwölf Regierungen in einer Erklärung dem Ziel der Eurowährung verschreiben. In der Europäischen Zentralbank, die aus einem 1994 zu gründenden Europäischen Währungsinstitut hervorgehen soll, wären die noch nicht zum Währungsklub gehörenden Staaten nach dem Entwurf aber schon vertreten — wenn auch zunächst ohne Mitbestimmungsrechte.

Um die besonders der Bundesrepublik am Herzen liegende Preisstabilität zu garantieren, werden Meßlatten für die Leistungskraft der Volkswirtschaften festgelegt: So darf die Währung zwei Jahre nicht abgewertet worden sein, die Teuerungsrate nicht mehr als eineinhalb Prozentpunkte von den drei besten Inflationszahlen der EG-Länder abweichen, die Zinssätze nicht mehr als zwei Prozentpunkte. dora

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen