INTERVIEW
: „Es gibt Signale der Hoffnung“

■ Abdallah Frangi, PLO-Vertreter in Bonn, zeigt sich mit dem bisherigen Konferenzverlauf zufrieden

taz: Herr Frangi, wie beurteilen Sie den bisherigen Verlauf der Konferenz, ganz besonders die Rede des israelischen Ministerpräsidenten Schamir?

Abdallah Frangi: Erstmal sind wir froh, daß diese Konferenz überhaupt zustandegekommen ist. Bislang haben alle Delegationen gezeigt, daß sie ernsthaft versuchen, die Gespräche zu einem Ergebnis zu führen. Auch die Rede Schamirs war moderat. Wir finden es richtig, daß man sich auch auf die Geschichte bezieht, allerdings wehren wir uns, daß diese Geschichte ausschließlich gegen die Araber, gegen die Palästinenser gerichtet wird. Das aber hat Schamir getan. Wir denken, daß Schamir sich hier an die Adresse der Europäer wenden sollte, denn dort liegt schließlich die Verantwortung für Massenmord und Vertreibung der Juden. Andererseits haben wir als durchaus positives Zeichen verstanden, daß Schamir nun doch die Jerusalem-Frage in die Diskussion eingeführt hat. Wir sehen also Signale die uns Anlaß zu Hoffnung geben.

Die PLO versteht sich doch als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes. Wie lange läßt sich der Zustand der „Nichtrepräsentanz“ fortsetzen?

Die PLO ist dabei. Da sind nicht nur die Personen von Hanan Aschrawi zum Beispiel, Arafat selbst war anwesend, als der Chefdelegierte der Palästinenser seine Rede mit dem Zitat aus Arafats Rede vor der UNO 1979 beendete.

Herr Habbasch von der Volksfront zur Befreiung Palästinas hat gedroht, die PFLP werde aus dem Exekutiv-Komitee der PLO ausziehen, er beschuldigte ihren Präsidenten, er habe das palästinensische Exilparlament getäuscht, um die Zustimmung zur Teilnahme an der Konferenz zu erlangen. In den besetzten Gebieten kam es bereits zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die Volksfront, die demokratische Front und die Islamisten von „Hamas“ haben gegen die Konferenz von Madrid protestiert. Hält die PLO den sich anbahnenden Sitzungsmarathon durch?

Die PLO ist die nationale Identität des palästinensischen Volkes, da besteht gar kein Zweifel. Was wir erleben sind die Äußerungen der palästinensischen Opposition. Unsere Opposition hat das Recht zur Meinungsäußerung. Sie können sagen, was sie wollen, protestieren, wogegen sie wollen. Außer den Protestdemonstrationen hat es aber auch sehr viele Demonstrationen der Sympathie gegeben, israelischen Soldaten sind Olivenzweige, Symbol des Friedens, überreicht worden.

Wäre es nicht einfacher, Hardliner wie Habasch und die Volksfront würden tatsächlich die PLO verlassen und vielleicht den Weg frei machen für einfachere Verhandlungen?

Nein, das fände ich gar nicht richtig. Sie sollen bei der PLO bleiben, die somit ihre demokratischen Qualitäten beweisen kann. Schließlich repräsentiert die PLO das gesamte palästinensische Volk.

Wie wird es mit der Intifada weitergehen? Können Sie sich vorstellen, daß es eine Art Moratorium gibt, keine Steine mehr fliegen?

Noch gibt es keinen Frieden, und es scheint mir verfrüht, darüber zu spekulieren.

Syriens Außenminister hat am Donnerstag die radikalste Position eingenommen und darauf bestanden, daß die Araber auf keinen Zoll besetzen Landes verzichten sollen. Nimmt nun Syrien wieder die Führungsrolle im Nahen Osten ein?

Syrien hat die stärkste Verhandlungsposition, das ist klar. Allerdings finde ich die syrischen Forderungen gar nicht so radikal. Der syrische Außenminister hat sich auf die bisherigen Resolutionen der Vereinten Nationen zum Schicksal der besetzten Gebiete bezogen, und das sind schließlich keine radikalen Forderungen, sondern Kompromisse aus den jeweiligen Situationen.

Kann Syrien jetzt wieder palästinensische Ansprüche vertreten, nachdem jahrelang heftige Feindschaft zwischen Präsident Assad und ihrem Präsidenten Arafat herrschte?

Es besteht Einigkeit in der Sache, von daher sehe ich jetzt kein Problem. Deshalb war Yassir Arafat auch in der syrischen Hauptstadt, wo die Annäherung ganz deutlich wurde.

Wie beurteilen Sie den Stufenplan, der von der Autonomie zur Konföderation des Palästinas mit Jordanien führen soll?

Es sind ja noch mehr Schritte: Wir bestehen natürlich auf Selbstverwaltung als ersten Schritt. Dann werden die nächsten Schritte anstehen und erst zum Schluß steht die Konföderation mit Jordanien. Dieses Ziel haben wir schon vor Jahren im Exilparlament formuliert und verabschiedet.

Aus Tunis wurde nun bekannt, daß die PLO sich im Rahmen einer Demilitarisierung durchaus auch den Einzug von US-Truppen als „Peacekeeper“ vorstellen könnte. Bislang hat die PLO immer viel Wert auf eine Beteiligung der UNO am nahöstlichen Friedensprozeß gelegt. Was hat sich da verändert?

Die Situation in der Welt hat sich geändert. Spätestens seit dem Golfkrieg sind die Vereinigten Staaten die unbestrittene Weltmacht Nummer Eins. Diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen, damit müssen wir uns auseinandersetzen. Interview Petra Groll