Uwe geht nicht hin

■ Totalverweigerer seit 10 Tagen unter Arrest

„Sie sollten mal zum ABC-Abwehrbataillon kommen, da ist die Welt noch in Ordnung!“ beteuert am Telefon Hans-Christoph Weitzel, Kommandeur besagten Bataillons in Emden. Insofern kann er natürlich nicht verstehen, warum da einer partout nicht kommen will: Der 20jährige Totalverweigerer Uwe Ulsamer sitzt seit 10 Tagen in einer Arrestzelle der Bundeswehr, statt in Emden seinen Dienst abzuleisten.

Am 1. Oktober hätte Ulsamer zum Dienstantritt in der Kaserne erscheinen müssen. Stattdessen gründete er mit anderen Verweigerern das Aktionsbüro „Uwe geht nicht“. Sinn der Aktion: Eine Verhaftung durch Feldjäger der Bundeswehr sollte öffentlich stattfinden. Nachdem Kommandeur Weitzel erklärte, der Fall sei an die Staatsanwaltschaft übergeben, lösten die Verweigerer das Aktionsbüro auf. Ulsamer wartete auf ein Strafverfahren wegen Fahnenflucht.

Zwei Tage später, am 21. Oktober, erschienen Feldjäger bei Ulsamer zu Hause und brachten ihn in die Karl-von-Müller-Kaserne. Arrestiert wurde er nicht. In der folgenden Woche hielt er mehrfach den Zapfenstreich nicht ein, weigerte sich, in der Kaserne zu übernachten, ließ sich nicht einkleiden. So häuften sich die Gehorsamsverweigerungen: Nun drohte Arrest.

Montag letzter Woche tauchte vor der Karl-von Müller-Kaserne ein Demonstrationszug auf. Mit dabei: Uwe Ulsamer, der übers Wochenende nicht in der Kaserne erschienen war. In einer Sitzblockade nahmen die DemonstrantInnen ihn in ihre Mitte, ließen ihn „über unsere Köpfe hinweg“ von Feldjägern festnehmen. Ulsamer kam „wegen eigenmächtiger Abwesenheit von der Truppe“ in Bundeswehrarrest, wurde am nächsten Tag in die Dithmarschen-Kaserne in Schleswig-Holstein verlegt.

Kommandant Weitzel verhängte zunächst 21 Tage Arrest, das Höchstmaß für ein einmaliges Vergehen. Dabei wird es wohl nicht bleiben: Weitere Gehorsamsverweigerungen sind vorprogrammiert, Disziplinarmaßnahmen werden folgen. Bis ultimo?

„Natürlich ist irgendwo die Grenze“, so Weitzel, „und wir sind im Gespräch, wie weit wir das Spiel treiben können“. Nach §29, Absatz 5 des Wehrpflichtgesetzes gibt es eine fristlose Entlassung aus dem Wehrdienst, wenn die Disziplin der Truppe erheblich gefährdet ist. Genau dazu will die Aktionsgruppe den Kommandeur bewegen. Aber: „Ich lasse mich doch nicht durch Demos dieser Fangruppe nötigen!“ Irgendwann wird die Entlassung wohl kommen, doch „mit einem Arrest ist es ja nicht getan: Schließlich habe ich eine Verpflichtung gegenüber den braven Soldaten, die hier ein Jahr ihren Dienst leisten.“

Nach der Entlassung aus der Truppe würde die Staatsanwaltschaft Ulsamer wegen Fahnenflucht und Gehorsamsverweigerung belangen. „Das wird wohl eine Strafe ohne Bewährung werden, zeitlich so lang, wie der Wehrdienst gedauert hätte“, vermutet Kommandeur Weitzel.

Susanne Kaiser