EUROFACETTE
: Stadt im Dienste der Autos

■ Stadtplanung in Madrid nimmt Fußgänger und Radfahrer nicht zur Kenntnis

Es ist nicht einfach, kurz zusammenzufassen, worin die Verkehrsprobleme in Madrid bestehen, denn es sind viele und schwerwiegende. Man könnte sie als die völlige Vernachlässigung der nicht motorisierten Verkehrsmittel (Fußgänger und Fahrräder) und eine Überbewertung der Notwendigkeit bezeichnen, in teure Straßenbauprojekte zu investieren, die zur unbeschränkten Nutzung des Personenverkehrs bestimmt sind.

Deutlich macht das die augenblickliche Stadtpolitik, die die Trennstreifen für die Busse abgeschafft und damit Geschwindigkeit, Häufigkeit und Qualität des Busverkehrs schwer beeinträchtigt hat. Darüber hinaus hat die Gemeinde Madrid die Anzahl der unterirdischen Parkplätze in der Innenstadt erhöht und den Bau einer ganzen Reihe von Autounterführungen in Angriff genommen. All diese Arbeiten sind nicht nur teuer, sondern auch wenig effizient. Sie tragen dazu bei, die Zahl der Autos zu erhöhen, die sich in einer Innenstadt bewegen wollen, die dafür nicht geeignet ist. Noch dazu wird der Fußverkehr eindeutig beeinträchtigt — etwa durch das Parken auf dem Bürgersteig, eine in Madrid sehr beliebte Praxis. Schließlich versucht die (konservative) Gemeinde Madrid, das einzig Positive, das die (sozialistische) Landesregierung Madrid in Sachen Verkehr erreicht hatte, wieder abzuschaffen: die Schaffung eines Verkehrskonsortiums, das alle Verkehrsmittel (U-Bahn, Bus und Nahverkehr) vereinigt und das es erlauben würde, von einem Verkehrsmittel zum anderen umzusteigen, ohne eine neue Fahrkarte lösen zu müssen.

Das Ministerium für öffentliche Bauten und Verkehr, das sowohl für den Naturschutz wie auch für den Straßenbau zuständig ist, baut gleichzeitig gemeinsam mit den lokalen Behörden eine Ringautobahn, die schwerwiegende Auswirkungen hat. Zum einen führt sie durch bebautes Gebiet (an manchen Stellen in 20 Metern Entfernung), zum anderen durch Gegenden mit hohem ökologischem Wert, wie den Pardo-Berg, auf dessen Sand einer von Europas am besten erhaltenen Eichenwälder wächst, in dem auch bedrohte Tierarten leben. Die Investitionen in diese Straße sind extrem hoch. Doch es geht hier ohnehin mehr um die Erschließung von Gelände als um die Lösung von Verkehrsproblemen. Deutlicher Beweis dafür sind die Druckversuche stadtplanerischer und spekulativer Art, die auf das Gelände neben der geplanten Trasse ausgeübt werden.

Eine Neuausrichtung der momentanen Verkehrsplanung müßte eine neue Stadt fördern, in der die räumlichen Abhängigkeiten und die Notwendigkeit, größere Strecken zurückzulegen, abnimmt und damit die Lebensqualität in der Stadt verbessert. Aus diesem Grund fordern wir den Stopp der Investitionen in Infrastruktur für Individualverkehr: Hochgeschwindigkeitszüge, Maut-Autobahnen und Schnellstraßen, Bau von Tunneln und unterirdischen Parkplätzen in der Stadt. Wir meinen, daß die Steuern der Verbesserung des öffentlichen Verkehrssystems zugeführt werden müssen, und dabei besonders der Verstärkung des Nahverkehrssystems. Fußgänger müssen durch die Einrichtung von Gebieten der verkehrstechnischen Koexistenz gefördert werden, in denen der Fußgänger die Hauptrolle spielt. Es müssen Radwege gebaut werden. Mit diesen Mitteln könnte der Weg zu einem anderen Modell eingeschlagen werden. Pilar Vega

Die Autorin ist Mitglied der Madrider Umweltschutzorganisation AEDENAT.