Ermäßigter Vertrag gefällig?

■ Eine famose Methode, Autoverkäufer zu übertölpeln / Aus dem Amtsgericht

“Der dreisteste Fall, über den ich jemals zu urteilen hatte“, meinte gestern Amtsrichter Hogenkamp. Da wollte im September letzten Jahres der 56jährige Verwaltungsangestellte W. sein Auto auf der Bürgerweide verkaufen. Für alle Eventualitäten gerüstet, mit vorgefertigtem Kaufvertrag und einer Tränengasflasche harrte er eines Käufers für seinen BMW 524 Turbodiesel, BJ. 83. Auf einer großen Verkaufsofferte stand der Preis: 12.700 Mark.

Detlef H. kam, sah und wollte kaufen. Nach Hin und Her ließ sich W. auf einen Preis von 12.000 Mark herab — und auf Detlef H.s Bitte, einen Kaufvertrag nur über 5.000 Mark auszustellen. Sonst, so der Käufer H., gebe es Schwierigkeiten mit seiner Frau. Dafür habe W. nun Verständnis gehabt: „Ich weiß, wie schwierig es ist, zu Hause etwas teurere Hobbys zu begründen.“

Das Folgende schilderte der Beamte so: Der Angeklagte übergab dem Verkäufer im Auto nach und nach Geldbündel. Doch nach 10.000 Mark war Schluß: H. erklärte, er habe nicht mehr Geld. Währenddessen war auch noch H.s Bruder gekommen. Der Verkäufer, empört, zog die Tränengasflasche und bat die beiden, zur Polizei zu fahren. „Völlig unbeeindruckt kamen sie mit“, so W.

Auf der Wache gab es ein böses Erwachen: Die Geldbündel bestanden nicht nur aus Hundertern, wie W. geglaubt hatte, sondern zum Teil nur aus Fünfzigern — er hatte nur 5.000 Mark in der Hand. Und H. berief sich hartnäckig auf den Kaufvertrag über diese Summe. Mehr sei das Auto auch nicht wert. Die Offerte über 12.700 Mark, „die habe ich gar nicht gesehen“, so Detlef H..

So weit, so schlecht für den geleimten Verkäufer — wäre da nicht der Bruder gewesen, der während des Verhörs im Vorzimmer wartete. Denn der wurde von einem Polizisten beobachtet, als er eine weiße Pappe unter der Fußmatte der Wache verstecken wollte: Die Offerte, von seinem Bruder an ihn übergeben.

„Ich habe gar nicht gewußt, was das ist“, erklärte er gestern, „halt irgendwas Heißes, das ich besser nicht haben sollte“. Es sei ja alles so ungewohnt hier: die beiden Brüder sind nämlich vor zwei bzw. drei Jahren aus der Ex- DDR übergesiedelt.

Richter Hogenkamp glaubte den beiden Ossis ihre Ahnungslosigkeit keineswegs und verurteilte Detlef H. zu 90 Tagessätzen a 50 Mark und Klaus-Peter H. zu 60 Tagessätzen a 30 Mark — wegen gemeinsam begangenen Betruges. . Susanne Kaiser