„Funken“ verboten!

■ Gefangenes Ehepaar darf sich nicht zuwinken.

Ich war einer von denen, die im vergangenen Jahr in Straubing wegen der willkürlichen Behandlung mit Psychopharmaka im Knast aufs Dach gegangen waren. Wir wurden damals mit großem Polizeieinsatz wieder runtergeholt und in andere Anstalten verlegt. Mich verschlug es damals nach Nürnberg.

Hier lernte ich ein bezauberndes Mädchen kennen und wir entschlosen uns zu heiraten. Das geschah vor zwei Monaten.

Da meine jetzige Frau hier in der Frauenhaftanstalt liegt, hatten wir die Möglichkeit, uns jeden Tag übers Fenster zu sehen und zu „schreiben“, was über Winkzeichen geschah. Es gab uns die Kraft, diese Zeit leichter und glücklicher zu überstehen. Das ging so lange, bis eine neue Anstaltsleiterin in der Frauenanstalt ihren Dienst antrat. Diese versuchte, meiner Frau die Ehe mit mir auszureden. Weil ihr das nicht gelang, wurde meiner Frau drei Wochen nach der Eheschließung das „Funken“ mit mir verboten. Da wir aber einfach nicht davon lassen wollten, wurde meine Frau kurzerhand aus der Wohngemeinschaft geworfen und nach unten in eine andere Abteilung verlegt.

Dies geschah, obwohl der Anstaltsleiterin durch ein psychologisches Gutachten bekannt ist, daß meine Frau unter einem zwanghaften Putzfimmel leidet und zudem äußerst ängstlich und menschenscheu ist. Die Gründe hierzu liegen unter anderem an ihrem jahrelangen Tablettenmißbrauch und auch daran, daß sie neun Jahre lang einem Mann hörig war, der sie nur ausnahm, schlug und mißbrauchte.

Unser täglicher Kontakt trug sehr viel dazu bei, ihre Probleme aufzuarbeiten und sie von ihrer Haftsituation abzulenken. Mit der Zeit schwanden auch ihre Depressionen und sie begann, sich ein Leben in Freiheit auszumalen. Auch die Vorzüge der Wohngemeinschaft — kleine abgegrenzte Abteilung mit Einzelzellen und anderen kleinen Annehmlichkeiten — trugen dazu bei, ihre Persönlichkeit positiv zu verändern.

Erst wurde meine Frau in eine Gemeinschaftszelle verlegt, aber wir konnten auch da noch miteinander „funken“. Da die Anstaltsleiterin unbedingt ihren Willen durchsetzen mußte, wurde meine Frau auf die andere Gebäudeseite verlegt. Auch dies konnte uns nicht von der Kontaktaufnahme abhalten. Meine Frau begann langsam durchzudrehen, da die Zellen dort unten ziemlich schmutzig sind. Sie hat mir geschrieben, daß sie es bald in diesen Drecklöchern und mit den Leuten nicht mehr aushält. Erneut wurde sie beim „Funken“ erwischt und diesmal mit einer Disziplinarstrafe von zwei Wochen Freizeitsperre und wiederholter Verlegung bestraft. Auch meine Versuche, diese in meinen Augen willkürlichen Schikanen zu unterbinden, stießen nur auf taube Ohren. Sie verkraftet es nicht mehr und es kam dann auch zu einem Chaos; die genaue Ursache ist mir bis heute noch nicht ganz klar. Auf jeden Fall wird meine Frau seit dem vergangenen Wochenende mit sehr starken Beruhigungsmitteln regelrecht ruhiggestellt. Dies erfuhr ich erst durch eine Mitgefangene auf ihrem Gang.

Ich war dann am Montag gleich bei der Anstaltsleitung und drängte darauf, daß ich meine Frau sehen und sprechen will, weil ich befürchte, daß sie mit Psychopharmaka behandelt wird. Was ich dann zu sehen bekam, werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen! Ich sehe meine Befürchtungen als bestätigt an und das kann mir auch keiner mehr ausreden. Ich habe in Straubing genug Menschen gesehen, die damit behandelt wurden und daran zugrunde gingen.

Okay, nun hat die Anstaltsleiterin zwar ihren Willen durchgesetzt und das „Funken“ unterbunden. Aber sie hat auch meinen Willen zum Kämpfen wieder wachgerüttelt!

Ich wende mich deshalb auch an Sie, mit der Bitte um Unterstützung! B.R., JVA Nürnberg