Wie stelle ich ein Gnadengesuch?

Wann ist es sinnvoll einen Gnadenantrag zu stellen?

Ein Gnadengesuch ist immer dann sinnvoll, wenn alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, das Ergebnis aber offensichtlich ungerecht ist, sich als „außergewöhnliche Härte“ darstellt. Das heißt einerseits, daß praktisch alle Fragen des Strafrechts „gnadenfähig“ sind. Die Gnadenbehörde wird aber in der Regel verlangen, daß zunächst die von den Gesetzen vorgesehenen normalen rechtlichen Wege beschritten werden. Gegen die Art und Höhe einer Strafe hat es keinen Sinn, Gnadenanträge zu stellen, solange noch die Rechtsmittel der Berufung und Revision möglich sind; erst gegen ein rechtskräftiges Strafurteil kann der Gnadenweg sinnvoll sein.

Haftunterbrechung wegen Haftunfähigkeit ist bei der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde gemäß §455 Abs. 4 StPO zu beantragen usw. Eine Haftunterbrechung aus anderen Gründen als Haftunfähigkeit (zum Beispiel zur Erledigung dringender geschäftlicher oder familiärer Angelegenheiten) ist dagegen im Gesetz nicht vorgesehen und kann daher (allenfalls) direkt im Gnadenwege erfolgen.

Ein Antrag auf vorzeitige Entlassung zur Bewährung sollte zunächst bei der Strafvollstreckungskammer mittels Halbstrafengesuch (§57 Abs.2 StGB) beziehungsweise Zweidrittelgesuch gestellt, bei Lebenslänglichen über §57 a StGB. Vorher wird ein Gnadengesuch nur ganz ausnahmsweise sinnvoll sein, wenn nämlich schon die Benutzung der normalen Wege eine ganz außergewöhnliche Härte darstellen würde.

Wer ist für die Entscheidung von Gnadenanträgen zuständig?

Die Gnadenordnungen der Bundesländer sehen unterschiedliche Zuständigkeiten für die Entscheidung von Gnadengesuchen vor. In den meisten Bundesländern ist normalerweise die Staatsanwaltschaft, die für das Strafverfahren zuständig war, auch für die Entscheidung der im Rahmen des Verfahrens gestellten Gnadenanträge zuständig. Etwas anderes gilt allerdings in Hamburg, wo eine eigene, von der Staatsanwaltschaft unabhängige Gnadenbehörde existiert.

Kann ich mich mit dem Gnadengesuch auch an den Bundespräsidenten wenden?

Normalerweise nein. Denn dem Bundespräsidenten steht nur das Begnadigungsrecht zu (Art. 60 Abs. 2 GG). Dieses ist in erster Linie gegeben, wenn der Bundesgerichtshof eine Strafsache in erster Instanz entschieden hat (Anordnung des Bundespräsidenten über die Ausübung 5.10.65) Gleiches gilt für Strafen auf die ein Oberlandesgericht in erster Instanz „in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes“ erkannt hat (Anordnung vom 3.11.70)

Was kann ich tun, wenn mein Gnadengesuch abgelehnt wird?

Gegen ablehnende Gnadenentscheidungen ist die Beschwerde an die jeweils nächsthöhere Instanz möglich. Diese Beschwerde ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde, das heißt sie ist weder an eine bestimmte Form gebunden, noch muß sie innerhalb einer bestimmten Frist eingereicht werden. Es empfiehlt sich dennoch, die Beschwerde schriftlich und möglichst bald einzureichen. Während für Dienstaufsichtsbeschwerden generell der Juristenspruch „formlos, fristlos, fruchtlos“ gilt, können Gnadenbeschwerden durchaus sinnvoll und erfolgversprechend sein. Die gilt insbesondere für die Frage der vorzeitigen Entlassung, wo ein ohnehin gut begründetes Gnadengesuch durch Zeitablauf noch überzeugender geworden sein kann.

Die Ablehnung eines Gnadengesuches kann allerdings grundsätzlich nicht vor den Gerichten angefochten werden (BVerf GE 25, 352).

Information des Strafvollzugsarchiv Bremen