Schöner wohnen im Scheunenviertel

■ Betroffenenvertretung für die Spandauer Vorstadt gebildet/ Rapider Verfall muß aufgehalten werden, ohne Mieter zu verdrängen/ Wann wird Stadtteil Sanierungsgebiet?

Mitte. In der Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte hat sich am Mittwoch eine Betroffenenvertretung gebildet, um die Interessen der Mieter und Gewerbetreibenden im Viertel zu schützen. Es ist zu erwarten, daß der Senat die Spandauer Vorstadt als Sanierungsgebiet festlegen wird.

In dem Gebiet zwischen Spree und Wilhelm-Pieck-Straße, auch Scheunenviertel genannt, ist die Stadtstruktur aus der Zeit des Großen Kurfürsten auf einmalige Art erhalten geblieben. Einige Häuser sind 300 Jahre alt. Seit zwei Jahrzehnten steht das Areal unter Flächendenkmalschutz. Die Festlegung als Sanierungsgebiet bietet die Chance, den rapiden Verfall aufzuhalten, ohne die Bewohner zu verdrängen und ihr Wohnumfeld zu zerstören. Da es noch keinen Bebauungsplan gibt, besteht die Gefahr, daß Investoren oder Spekulanten auf eigene Faust Fakten schaffen werden. Die Betroffenenvertretung fordert daher vom Senat, den Beschluß über die Sanierung nicht länger zu verzögern. Die Untersuchungen, die der Planung vorausgehen müssen, sind schon seit Mitte des Jahres abgeschlossen. Das sagte vor dem Bauausschuß des Bezirks Mitte Edward Jahn, den der Senat mit der Untersuchung beauftragte.

Überhaupt hüllt sich die Senatsbauverwaltung zum Thema Sanierung in Mitte gern in Schweigen. Selbst das Bezirksamt Mitte wird dem Vernehmen nach nur schleppend informiert. »Der Senat will seine eigene Zielsetzung formulieren und alle anderen aus der Planung heraushalten — bis nach den Bezirkswahlen im Frühjahr«, vermutet Ursula Thierfelder (Bündnis 90) in der BVV.

Auch zwei Blockkonzepte, eins für die Krausnickstraße und eins für die Mulack- und Steinstraße, sollen schon bereitliegen. Indes werden in der Versammlung der Betroffenenvertretung Ängste artikuliert. Eine Mieterin steht erregt auf und will wissen, »ob es überhaupt eine Sicherheit gibt, daß ich hier wohnen bleiben kann. Oder muß ich bald gewärtig sein, daß ich in eine Stadtrandsiedlung ziehen soll?«

In 90 von 100 Altbauten, so Hans Stark von der Bürgerinitiative Spandauer Vorstadt, sei eine Grundsanierung erforderlich. Solange aber die Eigentumsverhälntisse nicht klar sind, werden Hausverwaltungen versuchen, Ausgaben für die Instandsetzung hinauszuzögern. »Entschädigung oder Rückübertragung« nennt Betroffenenvertreter Jan Bauditz eines seiner Essentials. Konstantin Breyer

Eine Mieterberatung für Sanierungsbetroffene findet in der Galerie Weinmeisterstraße 7/8, 1054 Berlin, statt: di. und do. 18-20 Uhr.