„Sieg der deutschen Reaktion“

■ Der 9.November 1918 war mit Hoffnungen verbunden, die sich nicht erfüllen sollten

In der Nähe des Roten, entschuldigen Sie, Herr Diepgen, des Berliner Rathauses, erinnert eine Tafel an eine mißglückte Revolution — ebenfalls mit dem Datum 9.November verbunden. Eine Revolution, die nicht im Fischstäbchen- und Südfruchtverzehr ihren Höhepunkt fand, aber auch eine, die mit Hoffnungen auf soziale Reformen verbunden war und scheiterte.

Die ersten Novembertage 1918 waren von Massendemonstrationen und einem Generalstreik geprägt. 48 Stunden vor dem offiziellen Ende des Krieges, versuchte Reichskanzler Prinz Max von Baden der sich anbahnenden Revolution Einhalt zu gebieten, indem er dem Kaiser nahelegte abzudanken. Revolutionäre Bewegungen loderten in fast allen größeren Städten Deutschlands auf.

Kurt Tucholsky beschrieb, wie „dieses starre überdisziplinierte, straffe Land zu kreiseln anfing“. Es waren „die Arbeiter, die das vollbracht haben, die zurückkehrenden Soldaten und vorneweg die Matrosen.“

Am Samstag, den 9.November 1918, gibt Reichskanzler Prinz Max von Baden gegen Mittag eigenmächtig den Thronverzicht des Kaisers bekannt und übergibt dem Sozialdemokraten Ebert die Reichskanzlerschaft. Ohne dessen Kenntnis ruft Scheidemann um 14Uhr die „Deutsche Republik“ aus. Um 16Uhr proklamiert Karl Liebknecht eine „freie sozialistische Republik“.

Der frische Wind, der neue gesellschaftliche Strukturen, eine echte Abrüstung und eine Trennung von Kirche und Staat versprach, wehte wahrhaftig nicht lange. Acht Wochen danach war Liebknecht bereits ermordet, und Ebert, der spätere Reichspräsident, würde sich bald mit den konservativen Militärs gegen die „verhaßte Revolution“ verbünden.

Tucholsky sagte später, „der 9.November hat eine Entscheidung gebracht — den vollständigen Sieg der deutschen Reaktion, und dies ist Eberts Schuld, von der ihn niemand reinwaschen kann.“ Neil Spence, England