Mieterbund klagt Regierende an

Vorsitzender Gerhard Jahn: Beschlüsse der Bundesregierung vollkommen unzureichend  ■ Aus Hamburg Peter Hermes

Als unzureichend und enttäuschend kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Ex-Justizminister Gerhard Jahn (SPD), jüngste Beschlüsse der Bundesregierung zur Verbesserung des sozialen Mietrechts. Bonn wisse, daß die Situation katastrophal sei, habe aber die „falschen Rezepte“, sagte Jahn gestern vor der Presse in Hamburg.

Angesichts von bundesweit 2,7 Millionen fehlenden Wohnungen — davon 1,5 Millionen im Westen — sei es ein Unding, daß neue Steuervorteile für Eigentümer geschaffen würden. Sie förderten die Vermögensbildung der eh schon Betuchten, ohne auch nur eine einzige Wohnung zu schaffen. Die Folge: „explodierende Mieten und ein immer schärfer werdender Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt zugunsten der Spitzenverdiener“. Bereits jetzt hätten Mieter mit mittlerem oder geringem Einkommen so gut wie gar keine Chancen mehr, eine Wohnung zu finden.

Von Bonn verlangt Jahn einen radikalen Kurswechsel. Steuervorteile für den Erwerb von „Gebrauchtwohnungen“ müßten ersatzlos gestrichen werden. Dadurch stünden pro Jahr zusätzlich zwei Milliarden Mark Steuergelder für den Wohnungsneubau zur Verfügung. Ein richtiger Ansatz der Bundesregierung sei die geplante Senkung der Höchstgrenze für Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis. Während Bonn den Vermietern statt bisher 30 nur noch 20 Prozent Erhöhung in drei Jahren zugestehen will, fordert der DMB eine 15prozentige „Kappungsgrenze“.

In den nächsten zehn Jahren, so Jahn, sollten jährlich 600.000 Wohnungen neu errichtet werden, davon mindestens 200.000 Sozialwohnungen mit langfristiger Preisbindung. Mit gesetzlichen Regelungen müßten Mietenexplosion, Mißbräuche der Eigenbedarfskündigung und Spekulationen mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbunden werden.

Scharfe Kritik übte der DMB an den Hamburger Behörden. „Sie sehen tatenlos zu und ahnden nicht einmal Verstöße gegen das Mietrecht“, sagte DMB-Direktor Helmut Schlicht. Für den Mieterverein-Vorsitzenden Eckard Pahlke liegt der Beweis dafür auf der Hand: „Seit 1989 gab es in Hamburg kein einziges behördliches Verfahren wegen Mietwucher.“