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Der Flachland-Guillaume der Nord-SPD

Stasi-Verdacht fällt auf ehemaligen engen Mitarbeiter des schleswig-holsteinischen SPD-Vorsitzenden Jansen  ■ Aus Kiel Jürgen Oetting

Ein Flachland-Guillaume soll in der schleswig-holsteinischen SPD sein Spionageunwesen getrieben haben. Der Kieler NDR-Fernsehreporter Bernd Michels steht unter dem Verdacht, seit 1973 für die Stasi gearbeitet zu haben. Bernd Michels war von 1976 bis 1985 Öffentlichkeitsarbeiter der Nord-SPD, davon einige Jahre Pressesprecher und persönlicher Referent des einstigen Landesvorsitzenden Günther Jansen. Derzeit befindet er sich auf einem USA- Urlaub. Der Generalbundesanwalt hat einen Ermittlungsverfahren aufgrund des Verdachts auf geheimdienstliche Agententätigkeit eingeleitet.

In Hamburg ist es kein Geheimnis, daß Michels zu einem Zocker- Clan einflußreicher Linker gehört. Seine Spielschulden sollen ihn in die Arme der Stasi getrieben haben. Vielleicht war es aber auch sein politisches Bewußtsein, denn vor seiner SPD-Karriere war Michels zeitgleich mit Ulrike Meinhof Kolumnist der sozialistischen Monatszeitschrift 'Konkret‘. Die wurde — auch das ist längst kein Geheimnis mehr — von der DDR finanziell unterstützt, zumindest so lange der Verleger Klaus-Rainer Röhl hieß.

Günther Jansen zeigte sich gestern „menschlich sehr enttäuscht“, versicherte aber, daß es in der schleswig-holsteinischen SPD keine Geheimnisse gäbe und gegeben habe. Michels könne kaum etwas Bedeutendes verraten haben. Kenner der Landespartei vermuten ebenfalls nicht, daß Michels Aufregendes nach Ost-Berlin gemeldet hat. Sie halten ihn für einen Einflußagenten.

Der einstige Linksradikale gehört seit Mitte der siebziger Jahre zum In- Kreis der schleswig-holsteinischen SPD-Intellektuellen und -politiker der Enkelgeneration. Er ging laut Auskunft eines Engels-Freundes im Hause Engholm ein und aus — was der SPD-Bundesvorsitzende gestern aufgeregt dementierte —, arbeitete eng mit dem derzeitigen Fraktionsvorsitzenden im Landtag Gert Börnsen zusammen, war der wichtigste Berater Günther Jansens und organisierte auch Bundestagswahlkampagnen für Helmut Schmidt. Darüber hinaus war Michels mehrfach Chefredakteur der 'Zeitung am Sonntag‘ (ZaS), die in Wahlkampfzeiten von der SPD herausgegeben wird.

Seit 1985 ist Michel im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein als Fernsehredakteur beschäftigt. Nach NDR-Angaben hat er überwiegend als Reporter für das Landesprogramm gearbeitet und war „zu keiner Zeit in leitender Funktion tätig“. Seit November 1989 wurde Michels vorrangig als Berichterstatter in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt, wo er auch einen Wohnsitz nahm. Seine Kontakte zu den Kieler SPD- Größen hielt er jedoch auch während seiner NDR-Zeit aufrecht.

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