Gefälschte Geiselnahme

Halle (dpa/taz) — Die Geiselnahme in der Jugendstrafanstalt Halle am Sonntag war nur vorgetäuscht. Wie Sachsen-Anhalts Justizminister Walter Remmers (CDU) gestern sagte, befand sich der von vier Häftlingen als Geisel genommene Mitgefangene „im Einvernehmen mit den Tätern“.

Am Sonntag nachmittag hatten vier Untersuchungshäftlinge im Alter von 17 bis 20 Jahren erklärt, sie hätten einen Mitgefangenen als Geisel genommen und sich in ihrer Zelle verbarrikadiert. Außerdem drohten sie Remmers zufolge, Verdünnungsmittel in ihrem Haftraum anzuzünden. Die Gefangenen verlangten einen vollgetankten Fluchtwagen und Schnellfeuerwaffen. Remmers hatte die Forderung noch Sonntag nacht als unannehmbar bezeichnet.

Nach ununterbrochenen Verhandlungen mit den Gefangenen habe am Montag morgen eine Einheit des Sondereinsatzkommandos SEK Magdeburg die Zelle „ohne Einsatz von Schußwaffen“ gestürmt. Rädelsführer der vorgetäuschten Geiselnahme sei ein 20jähriger Niederländer, der wegen Bankraubes in Halle in Untersuchungshaft sitzt.

Der 20jährige habe am Sonntag nachmittag versucht, einen Anstaltsbediensteten als Geisel zu nehmen. Das sei unter Mitwirkung von zwei Häftlingen vereitelt worden. Anschließend sei er mit vier Gefangenen in einen Haftraum eingeschlossen worden, von wo aus die Geiselnahme inszeniert wurde. Nach seiner Überwältigung habe er versucht, sich aus einem Fenster zu stürzen.

Halles Polizeipräsident Günter Hermann sagte, es habe von Beginn an der Verdacht auf eine vorgetäuschte Geiselnahme bestanden. Dennoch sei die Situation ernst genommen worden. Da vom Eindringen des SEK bis zur Überwältigung der Täter eine Spanne von vier bis sechs Sekunden bestand, hätte Gefahr für die Geisel bestanden.