Ching Ming

■ "Bitte keine Schweine in der U-Bahn"

„Bitte keine Schweine in der U-Bahn“, das ist die einzige Bitte der MTR, Mass Transit Railway, zum Ching-Ming-Fest in Hongkong. Doch die Massen, denen ich zu den Friedhöfen auf den Hügeln Hongkongs folge, können darauf keine Rücksicht nehmen. Sie sind gefahren, um sich um das Wohl ihrer Ahnen zu kümmern. Die letzte Etappe führt im hoffnungslos überfüllten Bus steil bergauf, an die Hänge, wo die Toten wegen der guten Aussicht begraben sind. Oben angekommen, wird der kochende Motor vom entnervten Busfahrer mit Kühlwasser versorgt. Nun beginnt der Fußweg. Wie eine Demonstration wirkt der Zug derer, die das Grab oder die Urne ihrer Vorfahren suchen. Die meisten in Hongkong werden genauso bestattet wie sie leben: in Hochhäusern.Glücklich angekommen, trifft jede Familie Vorkehrungen, die Toten freundlich zu stimmen, denn dem Glauben nach nehmen sie starken Einfluß auf die Lebenden. Überall werden gerollte Papiere mit glückbringenden Sprüchen, „Hell Money“, Papierfernseher und -autos verbrannt, damit der Rauch Glück und Wohlstand für die Toten bringt. Jedes Grab wird gepflegt und geschmückt. Räucherkerzen, Blumen, Obst, Hühnerkeulen, das halbe Schwein... —alles wird ausgebreitet.Einige Verbeugungen im beißenden Rauch des verbrannten Papiers, dann folgt der gesellige Teil. Die ganze Familie sitzt beisammen, ißt und trinkt. Zum Schluß wird meist wieder mitgenommen, was noch übrig ist, damit es nicht verkommt.Und was ist bei uns am Totensonntag? Schwarze Einfalt und ein bißchen Erika aufs Grab, stille Andacht, und dann geht's nach Hause. Foto und Text: David Brandt