Ein Sieg gegen die Parteispitze

Der CDU-Reformer Ulf Fink setzte sich bei den Landesvorstandswahlen in Brandenburg durch  ■ Von Irina Grabowski

Ulf Fink, Vorsitzender der CDU- Sozialausschüsse und Vize-Chef des DGB wurde am Sonnabend im märkischen Kyritz zum neuen Landesvorsitzenden der CDU Brandenburg gewählt. Für die Christdemokraten in dem SPD-regierten Bundesland kam die Wahl wie ein warmer Regen. Durch den Rücktritt Lothar de Mazières führungslos, als Opposition kein wirklicher Widerpart gegen die Regierung Stolpe, überschuldet und außerdem an der Basis abgemagert war der Landesverband bisher das altlastige Stiefkind in der Bundespartei.

Mit diesen Mißständen soll der „Macher“ Fink nun aufräumen. Assistieren werden ihm bei dieser komplizierten Aufgabe im geschäftsführenden Vorstand der Berliner Unternehmer Klaus Krone als Schatzmeister und der Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Berlin- Brandenburg, Thomas Klein, als Generalsekretär. Damit konnte der neugewählte Vorsitzende seine Vorschläge für diese Posten durchbringen. Nur der ehemalige DDR-Oppositionelle Rainer Eppelmann, den Fink als CDA-Vorsitzenden in Brandenburg installiert hatte, fiel bei der Wahl der Stellvertreter überraschend durch.

„Personelle und politische Alternativen“ hatte auch Bundesfamilienministerin Angela Merkel als Gegenkandidatin in ihrer Vorstellungsrede gefordert. Sie, die von Helmut Kohl gegen den CDU-Linken Fink ins Rennen geschickt wurde, hatte ein aufmerksames, aber distanziertes Publikum.

Geholfen haben der ehrgeizigen Jung-Politikerin weder der Eingeborenen-Bonus noch eine zweifelhafte Werbekampagne. In den letzten Tagen vor der Wahl hatte sie sämtliche Delegierte, möglicherweise unter Zuhilfenahme der datengeschützten Personenangaben aus dem Parteicomputer, angeschrieben und jeweils in kleineren Grüppchen zum Gespräch geladen. Doch diese entschieden sich mit überwältigender Mehrheit — 121 von 195 gültigen Stimmen — für den Politprofi Fink und gegen das „Mauerblümchen“ Merkel.

„Etwas knapper hätt's sein können“, kommentierte CDU-Generalsekretär Volker Rühe leicht zerknirscht das Wahlergebnis. In einem kurzen Grußwort hatte er der Bonner Wunschkandidatin zuvor den Rücken stärken wollen und gegen den „verschleppten Generationswechsel im Westen“ die Hoffnung aus dem Osten beschworen. Seinen militanten Wortschatz verfeuerte Rühe diesmal nicht, um die „Blockflöten“ in der Ostabteilung der eigenen Partei zu beschimpfen, sondern um die rot- gelb-grüne Regierung in den Schatten zu stellen. Ein „Signal der Stärke gegen die brandenburgische Ampelkoalition“ müsse vom Parteitag in Kyritz ausgehen, denn schließlich habe die CDU auch die anderen neuen Bundesländer „erfolgreich erobert“. Ein Signal der Stärke wollten die Delegierten sehr wohl geben. Nur ist es anders ausgefallen als die Parteispitze es wollte.

Der sichtlich betroffenen Verliererin Merkel versicherte der Bonner „zusätzlichen Respekt für die schwere Kandidatur“. Ihrem Aufstieg zur stellvertretenden Parteivorsitzenden der Bundes-CDU werde diese Niederlage keinen Abbruch tun.

Angesichts dieser Präferenzen bekannte Ulf Fink, daß er „nicht der Liebling des Konrad-Adenauer- Hauses“ sei. Was der siegessichere Kandidat offenherzig als seinen gravierendsten Nachteil bezeichnete, gereichte ihm bei den brandenburgischen Parteifreunden zum Vorteil. Mit der klaren Wahlentscheidung, so Fink, habe der Landesverband den Willen zur Eigenständigkeit gegenüber Bonn demonstriert.

Auch die deutliche Aufforderung an die Regierung Stolpe, die im Einigungsvertrag festgeschriebenen Regelungen der Eigentumsfragen auf Landesebene zugunsten der Ostdeutschen zu korrigieren und dafür im Bundesrat initiativ zu werden, kam gut an. Während sich die CDU-Fraktion im Landtag bisher vor allem auf die Stasi-Problematik und die Bildungspolitik kapriziert hat, setzt Fink auf die Wirtschaftsförderung aus eigener Kraft und den sozialen Ost-West-Ausgleich als Themen, die er als erkennbare Schwachstellen der Stolpe-Regierung ausgemacht habe.

Die Konfrontation mit dem CDU- Fraktionsvorsitzenden Peter- Michael Diestel, der bisher vor allem von seinem Image als ehemaliger DDR-Innenminister zehrte, scheint unausweichlich. Unter dem heftigen Beifall eines dankbaren Publikums machte der neugewählte Landesvorsitzende keinen Hehl aus seinen eigentlichen Zielen in Brandenburg: „Wir wollen, daß ab 1994 nicht mehr die Ampelkoalition regiert.“