Gastkommentar

■ Die UNO und Jugoslawien * Der Sicherheitsrat, die Kriegsparteien und die Chancen der Blauhelme

Die UNO und Jugoslawien Der Sicherheitsrat, die Kriegsparteien und die Chancen der Blauhelme

UNO-Blauhelme werden von Tag zu Tag drängender als letzte Möglichkeit gefordert, dem Bürgerkrieg in Jugoslawien Einhalt zu gebieten. Es wird immer weniger verständlich, warum ein Eingriff der UNO nicht längst stattgefunden hat und warum die Entsendung von Blauhelmen sich so schwierig gestaltet. Welche Möglichkeiten hat die UNO überhaupt, und welche Hindernisse sind zu überwinden?

Die „Blauhelme“ sind ein Instrument, durch die massierte Anwesenheit eines neutralen Dritten die Kampfparteien auseinanderzuhalten und die Durchführung von Waffenstillstandsübereinkommen zu überwachen. Ihre Entsendung setzt folgendes voraus: einen Beschluß des Sicherheitsrates, die Zustimmung aller an der Streitigkeit beteiligten Parteien und ausreichende Truppenkontingente, die von den Staaten zur Verfügung gestellt werden müssen. An allen drei Voraussetzungen hakt es. Im Sicherheitsrat hat China ein Vetorecht, und China ist sicher nicht daran interessiert, einen Eingriff der Vereinten Nationen aus Gründen massiver Menschenrechtsverletzungen abzusegnen. Auch Frankreich hat Probleme, da es sich früh auf die Aufrechterhaltung Jugoslawiens in der alten Form festgelegt hat. Die Zustimmung der Streitparteien scheint in Verhandlungen zugesichert; aber erstens kann es trotzdem zum Veto kommen, und zweitens gibt es mehr als berechtigte Zweifel, ob die Streitparteien sich an ihre Zusagen halten.

Es kann dem Generalsekretär, der als Leiter der Operation für die Sicherheit der nur zur Selbstverteidigung bewaffneten Blauhelme verantwortlich ist, kaum zugemutet werden, Friedenstruppen mitten in Kampfhandlungen hineinzuschicken. Und schließlich wäre ein sehr großes Kontingent erforderlich, um nicht nur die Grenze zwischen Serbien und Kroatien, sondern auch die zahlreichen ethnischen Enklaven zureichend zu schützen. Die Stellung von Truppen und die Finanzierung muß der Generalsekretär mit den Staaten, die sich beteiligen, aushandeln — eine nicht gerade leichte Aufgabe, da die UNO schon jetzt nicht weiß, wie sie die bereits laufenden Friedenstruppen finanzieren soll.

Es bleiben zwei peinliche Fragen offen: Warum weigern sich die EG und die Sicherheitsratsmitglieder, im Konflikt in Jugoslawien nicht einen Fall für Blauhelme, sondern einen für Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta zu sehen? Es wäre nach der Kurdenresolution konsequent, daß der Sicherheitsrat bei massiven Menschenrechtsverletzungen, die keine innerstaatliche Angelegenheit sind, notfalls auch militärische Mittel zur Durchsetzung des Völkerrechts erwägt. Und warum schieben die Deutschen wieder einmal das Grundgesetz vor, um sich selbst der Mitwirkung an einem Blauhelm-Einsatz zu entziehen? Klaus Dicke

Der Autor ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für die UN