50 Prozent Geschichte

■ Nicht nur mitreden: Neuer Verein Bremer Frauenmuseum will selbst eins gründen

Kritische Frauen plagt das Gewissen bei der Vorstellung, daß Tausende von Schulkindern jährlich durch Bremer Museen geschickt werden. Denn die 50 Prozent Frauen, die Geschichte gemacht, als Frauen gelebt und gearbeitet haben und ihrem Schaffen durch künstlerische Objekte Ausdruck verliehen haben, kommen in unseren Museen so gut wie gar nicht vor. Bereits 1988 fanden Museumsfrauen, Künstlerinnen und Sozialwissenschaftlerinnen aus verschiedenen Sparten zusammen, um daran etwas zu ändern. Im Oktober gründete sich das Bremer Frauen-Museum als Verein.

Zweierlei haben sich die Frauen vorgenommen: Mit den bestehenden Museen, beispielsweise dem Focke-Museum und dem Übersee-Museum zusammenzuarbeiten — und in einem eigenen Museum „Zeugnisse weiblicher Lebenszusammenhänge“ aus Arbeit, Alltag und Kunst zu sammeln.

Elisabeth Hannover-Drück, Historikerin im Staatsarchiv, ist erste Vorsitzende des neuen Vereins. „Im Museumsalltag ist keine Zeit für Kunst und Geschichte von Frauen. Wir brauchen dafür eigenen Raum und ein eigenes Museum.“ Mit einer einfachen Ergänzung der bestehenden Museen sei es nicht getan: Geschichte müsse aus der Perspektive von Frauen eigentlich ganz neu geschrieben werden.

Frauke Krahé, Volkskundlerin im Überseemuseum und stellvertretende Vorsitzende: „Männer sind häufig der Ansicht, daß weibliche Zeugnisse sich durchsetzen, wenn sie gut oder wichtig sind.“ Dabei sehen sie nicht, wie schwer Frauenkultur es hat, eine Öffentlichkeit zu erreichen — wo sie am Ende oft an männlichen Wertskalen scheitert.

Das Projekt Bremer Frauenmuseum, das bisher im Kulturreferat der Gleichstellungsstelle angesiedelt war, hat, seit es diese Stelle nicht mehr gibt, gar keinen Anlaufpunkt mehr. Schatzmeisterin Ingrid Löwer, beim Kultursenator für Frauen und Kultur zuständig, hofft auf Geld von der neuen Kultursenatorin. Damit sollte ein Büro, eine Bürokraft und möglichst bald natürlich ein Gebäude für Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen bezahlt werden. Die Frauen haben sich schon einen geeigneten Ort ausgeguckt: Das zweite Packhaus im Schnoor.

Im Übersee-Museum gibt es eine Vitrine mit winzigen Schuhen chinesischer Frauen. Ihnen wurden jahrtausendelang vom Kleinkindalter an die Füße eingeschnürt und verkrüppelt, damit sie winzig klein blieben. Die Schühchen stehen im Überseemuseum unkommentiert. Beate Ramm