Große Koalition in der Roma-Politik

Grüne und CDU ändern Haltung zur Roma-Politik der NRW-Landesregierung/ Aus Kritik wird Zustimmung  ■ Von Bettina Markmeyer

Düsseldorf (taz) — Das sogenannte Reintegrationsprogramm der Düsseldorfer Landesregierung für Roma, das bisher von der oppositionellen CDU bis zu den Grünen hart kritisiert worden war, gewinnt an Zustimmung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Michael Vesper, sagte am Mittwoch, seine Partei müsse bezüglich des Roma-Rückführungsprogramms „einiges neu bewerten“. Zwar hielten die Grünen an ihrer Kritik fest, daß das Programm eigentlich, so Vesper, „ein Abschiebeprogramm“, sei. Gleichwohl stelle es „eine Hilfe für die Roma“ dar.

140 von rund 2.000 betroffenen Roma sind inzwischen nach Mazedonien ausgeflogen worden und leben in 20 Fertighäusern im Roma-Ghetto Shutka in Skopje, der Hauptstadt der südjugoslawischen Teilrepublik, die mit Geldern aus NRW errichtet wurden. Ihre Erfahrungen animieren offenbar weitere Roma-Familien in NRW, sich für das „Reintegrationsprogramm“ anzumelden. Genaue Zahlen sind von der Staatskanzlei nicht zu erfahren. Eine Alternative haben die Roma nicht: Ab Januar nächsten Jahres sollen sie abgeschoben werden.

Am Wochenende hatte erneut eine Parlamentarier-Delegation eine Reise nach Skopje unternommen. Auch der Landtagsvizepräsident und CDU-Abgeordnete Hans-Ulrich Klose nahm anschließend eine Kurskorrektur für seine Partei vor: Das Programm sei „vom Ansatz her richtig“. Bisher hatte CDU-Fraktionschef Linssen stets die Kosten (11 Millionen Mark) für das Roma-Programm angeprangert, rücksichtslose Abschiebungen gefordert und sich nicht gescheut, offen gegen Roma zu hetzen. Innenpolitisch hat sich der Chef der Staatskanzlei, Wolfgang Clement (SPD), der das „Reintegrationsprogramm“ verantwortet, damit sowohl gegen die Abschiebungs- Befürworter der CDU als auch gegen die Bleiberechts-Befürworter bei SPD und Grünen durchgesetzt.

Der Ausgang des „Reintegrations“-Experiments für die Roma selbst ist jedoch völlig ungewiß. Noch hat kein/e RückkehrerIn Arbeit in Skopje gefunden. Davon hängt aber ihre weitere Existenzsicherung ab und damit die Entscheidung, ob sie erneut fliehen werden. Unabdingbar sei, so Vesper von den Grünen, die Roma in den Ghettos von Skopje insgesamt „vom schlimmsten Elend zu befreien“ und damit vor Ort etwas gegen die Fluchtursachen zu tun. Die aus NRW kommenden Roma sind im Vergleich zu ihren am Ort gebliebenen Landsleuten, die teilweise unter schlimmsten Bedingungen in Hütten und Erdlöchern hausen, deutlich privilegiert. Das Land NRW allein sei mit einer solchen Aufgabe, für die Vesper Kosten von 150 bis 200 Millionen Mark hochrechnete, allerdings überfordert. Am Düsseldorfer Landtag harrt unterdessen unter unerträglichen Bedingungen immer noch eine Gruppe von Roma aus, um für ihr Bleiberecht zu kämpfen. Zum SPD-Parteitag am übernächsten Wochenende haben die Roma eine Demonstration angekündigt.