Das Spiel der leeren Stühle

Israelis blieben Nahost-Runde in Washington fern/ Palästinenser nutzen Chance zur Selbstdarstellung  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Bei dem Spiel „Die Reise nach Jerusalem“ ist der Mangel an Stühlen das Problem. Nach dem politischen Poker um die Reise von Jerusalem zu den bilateralen Nahost-Gesprächen in Washington hingegen standen gestern ein paar Stühle zuviel an den Konferenztischen. Als die Mitglieder der syrischen, libanesischen und jordanisch-palästinensischen Delegationen gestern früh in den Räumen des US-Außenministeriums Platz nahmen, blieben die Stühle der israelischen Gesandten leer.

Zwar haben sich die USA geweigert, Schamirs Forderung nach einer baldigen Verlagerung der Friedenskonferenz in den Nahen Osten stattzugeben, doch die israelischen Delegierten werden aller Voraussicht nach erst am Montag zu den drei separaten Gesprächsrunden zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn in Washington antreten.

Ob Schamirs Entscheidung, der Bush-Administration die Grenzen ihrer Möglichkeiten als Schirmherrin und Gastgeberin der Nahost- Konferenz aufzuzeigen, allerdings geschickt war, bleibt zweifelhaft. Denn abgesehen von der erneut aufziehenden Gewitterstimmung im amerikanisch-israelischen Verhältnis hat der israelische Ministerpräsident damit den Palästinensern zu einem erneuten „Publicity“-Erfolg verholfen. Wie bei der Eröffnungskonferenz in Madrid gelang es der palästinensischen Sprecherin Hanan Ashrawi auch gestern in Washington, die Öffentlichkeit für sich zu gewinnen. Sie nutzte die gut besuchte Pressekonferenz der palästinensischen Delegation im „Grand Hotel“ dazu, den Friedenswillen der Schamir-Regierung in Zweifel zu ziehen und die Errichtung neuer Siedlungen in den besetzten Gebieten zu verurteilen. Die Bush-Administration sucht derweil die israelische Regierung wieder auf Kurs zu bringen — und das geht bekanntlich am besten mit einer verständnisvollen Geste: Washington versprach, sich vor der UNO für eine Aufhebung der aus dem Jahre 1975 stammenden Resolution einzusetzen, die den Zionismus mit Rassismus gleichsetzt. Im Gerangel um die Rolle der USA bei den Nahost-Gesprächen blieb die Bush-Administration jedoch hart. Die vier separaten Verhandlungsrunden werden in der nächsten Woche im State Department zeitgleich und nicht, wie von der israelischen Regierung gewünscht, hintereinander stattfinden. Dem hat man in Israel gestern nachmittag schließlich zugestimmt. Für Ende Januar kündigten die USA zusammen mit der Sowjetunion die Ausrichtung einer großen internationalen Konferenz über die Situation im Nahen Osten an, die in Moskau stattfinden soll.

Um den arabischen Staaten nicht noch mehr Publikumserfolg zu geben, verbot das Außenministerium gestern das Abfilmen der leeren israelischen Sitzreihen. „Das Spiel der leeren Stühle“, so die Sprecherin des State Department Tutwiler, „wird bei uns nicht gespielt.“