GASTKOMMENTAR
: Wahlmüdigkeit?

■ Kommunale Ausländervertretungen (KAV) wie die in Frankfurt sind Mogelpackungen

In Frankfurt am Main wählten am vergangenen Sonntag die Ausländer ein Vertretungsgremium auf kommunaler Ebene. Die Wahlbeteiligung lag bei 20 Prozent. Wenn auch in manchen Tageszeitungen von einem Ausländerparlament gesprochen wurde, fand in der Bank- und Finanzmetropole eine gewöhnliche Ausländerbeiratswahl statt. Die niedrige Wahlbeteiligung für die kommunale Ausländervertretung wäre nichts Außergewöhnliches (die Beteiligung bei Ausländerbeiratswahlen lag bisher immer bei 15 bis 20 Prozent), wenn diese Wahl nicht eine halbe Million Mark gekostet hätte. Das Frankfurter „Amt für multikulturelle Angelegenheiten“ koordinierte die Öffentlichkeitskampagne und war der Initiator und Finanzier.

Ob diese Gremien „Ausländerbeiräte“ oder „kommunale Ausländervertretung“ heißen, sie haben eins gemeinsam: sie sind unterhalb der Schwelle eines Wahlrechts angesiedelt und haben deshalb keine tatsächlichen Entscheidungs- bzw. Mitbestimmungsrechte. Ihre Aufgabe besteht lediglich darin, durch den Austausch von Informationen, die Anregung von Maßnahmen sowie die Ausarbeitung von Stellungnahmen und Empfehlungen zu wirken. Die demokratische Legitimation dieser Ausländervertretung durch eine gesonderte (Ur-)Wahl zu sichern, löst weder die Kompetenzlosigkeit noch die Zweitklassigkeit solcher Gremien. Fehlende Kompetenzen zur Durchsetzung der Minderheiteninteressen stellen jedoch nicht nur ein strukturelles Problem dar. Zusätzlich schwächen sie die Bedeutung dieser Vertretung im Bewußtsein der kommunalen Mandats- und Entscheidungsträger.

Wenn sich aber das Multi-Kulti-Amt aus Frankfurt angesichts dieser Tatsachen für so eine Beiratswahl sehr stark macht und zudem manche Journalisten dieses Ereignis als den ersten großen Schritt in Richtung kommunales Wahlrecht deklarieren, erkennen sie wirklich nicht, wie weit sie hinter den diesbezüglichen Bedürfnissen und Forderungen der Immigranten bleiben. Nicht die Wahl der KAV stellt einen historischen Einschnitt in der bundesdeutschen Ausländerpolitik dar, sondern die Gewährung des kommunalen Wahlrechts. Und zwar als ersten Schritt!

Es ist zu hoffen, daß die zu geringe Wahlbeteiligung in der Öffentlichkeit endlich Zweifel an der Wirksamkeit dieser zweitrangigen Vertretungsgremien erzeugt. Die Inländer ohne deutschen Paß haben diese Erkenntnis schon lange. Sie wählen solche „Spielwiesen“ nicht. Özcan Ayanoglu

Der Autor arbeitet beim Berliner Radio Energy in der türkischen Redaktion