Der Bund zahlt an Rechtsextreme

Junge Witikonen“ und NPD- bzw. REP-Referenten aus dem Bundeshaushalt finanziert/ Innenministerium erkennt keine Anhaltspunkte für rechtsextreme Tendenzen  ■ Von Bernd Siegler

Angesichts der rassistischen Übergriffe auf Ausländer Innen empfand der ehemalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zumindest noch ein „Stück weit Scham“. Sein Ministerium findet und fand jahrelang jedoch nichts dabei, wenn rechtsextreme Organisationen Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt bekommen. So konnten die „Jungen Witikonen“ ihre „Kulturpolitischen Tagungen“ und „Jahrestreffen“ mit Bundeszuwendungen aus dem Topf „kulturelle Breitenarbeit“ finanzieren und damit auch Referenten mit eindeutig rechtsextremistischen Hintergrund bezahlen. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der PDS-Abgeordneten Ulla Jelpke gab der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Eduard Lintner jetzt zu, daß in den Jahren 1983 bis 1991 sechzehn Seminare und Tagungen der „Jungen Witikonen“ mit Beträgen bis zu 8.000 DM unterstützt wurden.

Insgesamt flossen den „Jungen Witikonen“ (JW), der Jugendorganisationen des „Witikobundes“, 72.000 DM aus dem Bundeshauhsalt zu. Der in München ansässige „Witikobund“ versteht sich als „nationale sudetendeutsche Gesinnungsgemeinschaft“, ist eng mit der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ liiert und Sammelbecken vieler NPD- Mitglieder. Daneben bestehen vielfältige Kontakte ins rechtsextreme Lager um NPD und DVU, 1976 beteiligte sich der Witikobund gar zusammen mit der NPD und dem rechtsextremen „Kampfbund Deutscher Soldaten“ an einer „Reichsgründungsfeier“. Auf einer Regionaltagung des JW-Landesverbands Baden-Württemberg im Mai 1984 referierte auf Einladung des Witikobundes der Rechtsextremist Karl Baßler, der die „Bürgerinitiative deutscher Patrioten“ gegen die Wiederwahl von Richard von Weizsäcker zum Bundespräsidenten gegründet hat. Mit 1.274 DM aus dem Bundeshaushalt wurde die Kulturpolitische Tagung der JW vom 24. Bis 26.0Ktober 1986 auf dem „Heiligenhof“ in Bad Kissingen, der Bildungsstätte der Sudetendeutschen Landsmannschaft, unterstützt. Leiter dieser Tagung zum Thema „Zeitgeschichte und deutsche Selbstbehauptung“ war der NPD-Funktionär Alfons Hueber, ehemaliger Bundesvorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“. Als Referenten traten Prof. Helmut Diwald, der die Präambel zum Parteiprogramm der „Republikaner“ verfaßt hat, der Rechtsextremnist Alfred Schickel, Vorsitzender des „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt“ (ZFI), und der Vorsitzende der Grundsatzkommission von Haiders FPÖ, Andreas Mölzer, auf.

Ebenfalls mit Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt fand die Kulturtagung der Jungen Witikonen vom 5. Bis 7. Juli dieses Jahres im „Collegium Humanum“ in Vlotho statt. Die Bildungsstätte „Collegium Humanum“ wird vom Vorsitzenden des ökofaschistischen „Weltbundes zum Schutz des Lebens“, Prof. Werner Georg Haverbeck geleitet. Haverbeck war Funktionär der nationalsozialistischen Organistion „Kraft durch Freude“, schrieb für den „Völkischen Beobachter“ und gehörte 1981 zu den Unterzeichnern des rassistischen „Heidelberger Manifests“. Laut nordrheinwestfälischem Verfassungsschutzbericht traf sich in seiner Tagungsstätte in Vlotho das von Michael Kühnen gegründete „Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers“ (KAH), getarnt als Seminar über „Naturreligionen“. Beim JW-Seminar im Juli referierte General Franz Uhle-Wettler, der in der Programmkommission der REPs saß, für „Zusammenfassung und Seminarkritik“ war der Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift „Zeitenwende“, Harald Thomas aus Wesseling, zuständig. In der „Zeitenwende“, dem Organ des „Nationaleuropäischen Jugendwerks“, kommen z. B. Der stellvertretende REP-Bundesvorsitzende Rolf Schlierer, der Nationalrevolutionäre Henning Eichberg und Wolfgang Strauss sowie Werner Georg Haverbeck und Andreas Mölzer zu Wort.

Sowohl die „Zeitenwende“ als auch das offizielle Organ des „Witikobundes“, der „Witikobrief“, werden bei Anneliese Thomas in Wesseling gesetzt und gedruckt. In den „Witikobriefen“ publiziert neben dem ehemaligen bayerischen REP- Spitzenkandidaten Horst Rudolf Übelacker, der zugleich stellvertretender Bundesvorsitzender des Witikobundes und Mitglied der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft ist, auch Hans-Ulrich Kopp von der rechtsextremen Münchener Burschenschaft „Danubia“, ehemaliger REP-Studentenführer und jetzt Redakteur der rechtsextremen „Jungen Freiheit“.

Die PDS-Anfrage wurde sinnigerweise von Eduard Lintner, dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, beantwortet. Lintner kann bei den „Jungen Witikonen“ „keine Anhaltspunkte“ für rechtsextremistischen Tendenzen feststellen. Kein Wunder, ist doch der CSU-Mann Lintner selbst stellvertretender Vorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft und damit eng mit dem „Witikobund“ und dessen Jugendorganisation verbunden.