Polizei rennt gegen Mauer

■ Polizeigewerkschaft klagt über Behinderung bei Aufklärung von Mauerdelikten

Berlin. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich über mangelnde politische Unterstützung bei der Aufklärung der Straftaten an der ehemaligen innerdeutschen Grenze beklagt. Trotz »ständiger Beteuerungen der Regierenden«, alle Täter zur Verantwortung ziehen zu wollen, kämpfe die Berliner Polizei bei den Mauer-Ermittlungen mit fast unüberwindbaren Schwierigkeiten, erklärte der Berliner GdP-Vorsitzende Burkhard von Walsleben gestern in der ehemaligen Mauerstadt.

So habe das Verteidigungsministerium bei der Übernahme der Akten aus dem Archiv der DDR-Grenztruppen den sachkundigen Archivar entlassen, so daß die Suche nach bestimmten Akten Monate dauere. Außerdem müßten in jedem Einzelfall Anträge auf Einsichtnahme und Auskunft gestellt werden und Kriminalbeamte wie auch Staatsanwälte häufig selbst die Archive durchforsten. Die Auswertung des Archivs habe sich zu einem »unvorstellbaren und nicht mehr zu überbietenden Possenspiel« entwickelt. Als unfaßbar bezeichnete Walsleben das Vorhaben, die Akten nach einer Mikroverfilmung zu vernichten.

Es scheine »Kräfte in verantwortlichen politischen Positionen zu geben, die schnellstmöglich alle Beweise über die Schandtaten der SED- Diktatur beseitigen wollen«, erklärte der Gewerkschafter. Die strafrechtliche Aufarbeitung der DDR-Diktatur werde zum »Hornberger Schießen«. Die Berliner Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln mittlerweile bundesweit in 160 konkreten Fällen wegen vollendeter und versuchter Tötung an der deutsch-deutschen Grenze. Insgesamt 400 »Mauerdelikte« sind der Staatsanwaltschaft bekannt. Experten rechneten nach Sichtung der Archive mit über 4.000 Fällen, teilte Walsleben mit. ap