Die Rückkehr der Juden

■ Land der Hoffnung, Di., ZDF, 22.10 Uhr

Im Jahre 1989 gab die Regierung der Noch-DDR bekannt, daß sowjetische Juden, wenn sie sich in ihrer Heimat bedroht fühlten, gern nach Deutschland kommen mögen. Die Einladung erfolgte nach mehreren antisemitischen Demonstrationen in Rußland, im Baltikum und der Ukraine und wurde als Versuch der späten Wiedergutmachung verstanden. Susanne Müller-Hanpft und Martin Bosboom haben in ihrem Film einige Lager im deutschen Osten besucht und mit jüdischen Emigranten gesprochen. Nun sitzen sie also wieder im Lager, sagt die Kamera und fährt genüßlich langsam an endlosen DDR-Baracken entlang, vor denen einige armselige Kinder spielen. Die Autoren entdecken ein ganz eigenes Pathos in diesen Kindergesichtern, auf die sie immer wieder zurückkommen.

Immer noch ist es besonders schwierig, einen Film zur jüdischen Problematik zu machen, ohne daß einem die Luft von der Last der übergroßen Schuld abgedrückt würde. Es ist ein lustiges, kenntnisreiches und wundervolles Volk, so viel ist gewiß; aber das sind die Koreaner, Vietnamesen, Kurden und Pakistani auch, wenn man sie nur näher anschaute. Darüber verlieren die Autoren kein Wort, die sowjetischen Juden scheinen streckenweise die einzigen Immigranten zu sein. Gesprächig sind nur wenige, meist Vertreter der Bildungsschicht, eine Dichterin, eine Pianistin, ein Wissenschaftler. Sie erzählen vom schmerzhaften Gefühl, in ihrer Heimat heimatlos geworden zu sein, als Menschen zweiter Klasse durchkommen zu müssen. Dennoch haben sie alle noch Sehnsucht nach Rußland; noch längst nicht sind sie in der deutschen Fremde heimisch geworden. Die ausländerfeindlichen Angriffe auf Lager von Asylsuchenden wecken böse Erinnerungen, auch wenn die Lager in Zwittau, Hessenwinkel und bei Eilsleben nicht davon betroffen wurden.

Welche Erfahrungen sie in ihrem neuen Land und mit den deutschen Eingeborenen gemacht haben, danach fragen die Autoren nicht, sondern vertiefen sich wieder und wieder in deprimierende Ansichten von Wohnheimfluren und spielenden Kindern. Auch umgekehrt wäre interessant gewesen zu erfahren, was die deutschen Nachbarn über ihre jüdischen Mitbürger so denken; statt dessen werden Zeitungsschlagzeilen über die rechtsradikalen Angriffe abgelichtet. „Kommen jetzt Millionen Juden?“, ächzt die 'National-Zeitung‘ entsetzt und spricht damit wohl vielen aus dem Herzen. Um so besser, mal den jüdischen Neuankömmlingen zuzuhören, es sind witzige und feine Leute, die diesem Land durchaus guttun können. Womöglich gilt dies auch für Pakistani und Nigerianer; unsere außerdeutschen Kenntnisse sind überall sehr beschränkt. Solche Filme mögen dem abhelfen. Olga O'Groschen