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Auch rote Nelken welken

■ Der Programmparteitag der französischen Sozialisten in Paris: Interne Konflikte wurden kaschiert

Paris (taz) — Ein Bad Godesberg hätte der Parteitag sein sollen und war doch nur eine Einstimmung auf künftige Niederlagen. Vor elf Jahren, als sie die Koalition mit den Kommunisten vorbereiteten, wollten die französischen Sozialisten noch „mit dem Kapitalismus brechen“ — im neuen Parteiprogramm, das auf dem gestrigen Parteitag in Paris verabschiedet wurde, bekennen sie sich zu Marktwirtschaft, Europa und Sozialdemokratie — 33 Jahre nach ihrer deutschen Schwesterpartei. Die Wähler sind trotzdem nicht begeistert: Nur noch 29 Prozent der Franzosen sprechen Präsident Mitterrand in Meinungsumfragen das Vertrauen aus. Da keine internen Wahlen auf der Tagesordnung standen, konnten die „Elefanten“ — die vier oder fünf Politiker, um die sich die Hauptströmungen der Partei scharen — die Versammlung unter dem schütteren Beifall der Delegierten zum „Parteitag der Einheit“ deklarieren. Parteichef Pierre Mauroy, dessen Sturz 'Libération‘ für Januar voraussagt, und Premierministerin Edith Cresson, deren Posten ebenfalls wacklig ist, versuchten die inneren Brüche der Partei zu überdecken, indem sie den äußeren Feind angriffen: Alle politischen Kräfte des Landes, so Cresson, seien aufgerufen, gegen Rechtsextreme sowie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen: „Es ist Zeit, das Risiko zu ermessen, das die extreme Rechte für unser Land darstellt.“ Dabei gehören Cresson und Mauroy zur mitterrandistischen Strömung der PS, die eine massive Präsenz der Front National in der Nationalversammlung in Kauf nehmen würde.

Hintergrund sind die desolaten Aussichten der PS für die Kantonals- und Regionalwahlen im nächsten März und vor allem die Parlamentswahlen im Jahr darauf. In den Wahlabsichten liegen die Sozialisten heute bei zwanzig Prozent. Ein Bündnis mit der Kommunistischen Partei schließt sich von vornherein aus — „der französische Kommunismus ist tot“, schreibt 'Libération‘, „und wird nicht wieder auferstehen“.

Als mögliche Bündnispartner bleiben die beiden ökologischen Parteien, die zusammen auf etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Stimmen geschätzt werden — doch das geht nur, wenn für die Wahlen zur Nationalversammlung ein Proportionalwahlsystem eingeführt wird, denn beim derzeit geltenden K.o.-System des Mehrheitswahlrechts hätten die Ökologen keine Chance. Bei einer Verhältniswahl würde 1993 allerdings auch Le Pens rechtsextremistische Front National ins Parlament einziehen, mit bis zu 15 Prozent der Wählerstimmen. Der mitterrandistischen Strömung in der PS wäre das so lange recht, wie die FN einen Keil in die Rechte treibt. Nichts fürchtet Mitterrand mehr, als die beiden letzten Jahre seines Mandats, das 1995 abläuft, in einer neuen „Kohabitation“ mit dem Gaullisten Jacques Chirac als Premierminister zu verbringen. Aber die Meinungsumfragen lassen selbst dieses Kalkül zweifelhaft erscheinen. Danach könnte die „zivilisierte“ Rechte trotz Le Pen die absolute Mehrheit erreichen.

Die beiden anderen Hauptströmungen der Sozialistischen Partei werden von den Ex-Premiers Laurent Fabius und Michel Rocard angeführt, die seit ein paar Wochen eine taktische Allianz gegen Mauroy bilden. Angesichts der seit dem Golfkrieg anhaltenden Rezession und der Arbeitslosigkeit von zehn Prozent spekulieren sie auf eine massive Niederlage der Sozialisten bei den nächsten Wahlen. Ihre Chance auf eine Präsidentschaft sehen sie in den Jahren 2000 oder 2005.

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