Radikale Buren legen Bomben

Elf Anschläge seit Dezember/ Mandela hofft, die Rechten noch an den Verhandlungstisch zu bringen  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Weiße Rechtsextremisten haben mit einer Serie von Bombenanschlägen eine heftige Diskussion in Südafrika ausgelöst, wie mit den Tätern umzugehen ist. Durch elf Anschläge wurden seit Mitte Dezember Schulen und Postämter zerstört, die von Schwarzen und Weißen besucht werden. Die Polizei hat noch niemanden verhaftet. Und auch auf die Ankündigung der neonazistischen Burischen Widerstandsbewegung (AWB) zum Jahresende, eine „Eisengarde“ einzurichten, reagierten die Staatsschützer passiv. Es gäbe keine gesetzliche Grundlage für ein Vorgehen gegen solche „privaten Armeen“, sagte die Polizei. Die ABW hat in mehreren Presseberichten mitgeteilt, sie wolle den Mitgliedern der rechtsextremen Elitetruppe eine Spezialausbildung als Attentäter und Saboteure verpassen.

Politisch setzen sowohl die Regierung als auch der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) noch immer auf eine Beteiligung der Ultrarechten an Gesprächen über die Zukunft des Landes. Unter dem Namen „Konvent für ein demokratisches Südafrika“ (Codesa) begannen solche Mehrparteiengespräche im Dezember. ANC-Präsident Nelson Mandela meinte in einem Interview zur Jahreswende, daß die weißen Extremisten von ihrer Forderung nach einem autonomen weißen Staat abgebracht werden könnten, wenn sie erst einmal am Verhandlunstisch Platz genommen hätten. Allerdings haben alle ultrarechten Gruppen, darunter auch die im Parlament vertretene Konservative Partei (CP), bisher jede Beteiligung an den Gesprächen verweigert.

„Jede politische Partei, Organisation oder Bewegung hat jetzt die Möglichkeit, ihre politischen Ansichten auf friedliche Weise vorzubringen“, sagte Wohnungsbauminister Leon Wessels letzte Woche nach der Bombenanschlagsserie. Ein CP- Sprecher führte die Sabotage sogar auf den Beginn der Codesa-Gespräche zurück: „Wir befürchten, daß der Widerstand der Weißen zunehmen wird, solange die Regierung den Eindruck gewähren läßt, daß es verfassungsmäßig keine Zukunft für die Buren mehr gibt.“ Und ein ABW- Sprecher fügte hinzu: „Wir werden uns nicht von einer schwarzen Mehrheitsregierung regieren lassen. Unsere Meinung dazu ist jetzt mit Nachdruck zu hören.“

Letztendlich sind sowohl die Politiker als auch die Polizei ratlos. In einem am Wochenende veröffentlichten vertraulichen Dokument des „Bruderbundes“, einer burischen Geheimorganisation, werden Pläne entwickelt, um ultrarechte Gruppen zu spalten und in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Dabei wird von dem Einsatz des Staatsfernsehens und des staatlichen Nachrichtendienstes gesprochen.

Alle wichtigen Regierungsmitglieder, darunter auch Präsident Frederick de Klerk, sind Mitglieder des Bruderbundes, der als reformorientierter Think Tank der Regierung gilt. Das Dokument wurde aber offenbar bestimmten Bruderbund-Mitgliedern vorenthalten, deren Sympathien für ultrarechte Politik bekannt sind.

Polizeiliche Kontrolle der rechten Extremisten ist schwierig. Die Ausbildung von „privaten Armeen“ ist nicht in sich illegal, solange keine verbotenen Waffen zum Einsatz kommen. Dennoch versprach Polizeiminister Hernus Kriel am Wochenende, die Frage der „privaten Armeen“ erneut unter die Lupe zu nehmen. Das könnte weitreichende Konsequenzen haben. Der Öffentliche Streit zwischen de Klerk und Mandela, der das erste Codesa-Treffen im Dezember kennzeichnete, drehte sich um die ANC-Armee „Umkhonto we Sizwe“. Der ANC verweigert seine Auflösung, bis eine Übergangsregierung eingesetzt ist. Sollte die Regierung aber neue Gesetze verabschieden, die „private Armeen“ verbieten, wäre auch der ANC betroffen — und die Verhandlungen wären gefährdet.

Die Polizei hat gleichzeitig kaum eine Möglichkeit, Bombenanschläge zu verhindern. Im Bergbauland Südafrika werden täglich 30.000 Tonnen Sprengstoff hergestellt. Und unter weißen Bergarbeitern haben die Ultrarechten besonders viele Sympathisanten. So ist Sprengstoff für Bomben also immer zu beschaffen.

Auch gibt es viele verschiedene ultrarechte Gruppen, die zum Teil mit kleinen, geheimen Zellenstrukturen operieren, so daß eine totale überwachung unmöglich ist. Anschläge der rechten Extremisten könnten Entwicklungen in Südafrika noch jahrelang behindern.