PRESS-SCHLAG
: Ein Herz für Bomber

■ Gerd Müller endlich wieder Bayer

Der FC Bayern München scheint wild entschlossen, sich weiter an Altmythen aus dem Sumpf zu ziehen. Nach Beckenbauer, Rummenigge & Co. holte der angeschlagene Fußballklub seinen gleichermaßen angeschlagenen Altstar Gerd Müller zurück. „Gerd genießt nach wie vor großes Ansehen im deutschen Fußball, für den er so viel getan hat. Er soll unseren Verein auch gegenüber den Sponsoren und der Öffentlichkeit repräsentieren“, erklärte Pressesprecher Markus Hörwick die wahrhaft spektakuläre Neuverpflichtung.

Trotz lautstarker Lobhudelei konnte er jedoch den Eindruck nicht gänzlich vermeiden, daß der Einjahresvertrag mit „kleines, dickes Müller“ eher ein Akt der Freundschaft und Barmherzigkeit ist als eine geniale Imagekampagne für den FC. Denn der Bomber der Nation war in letzter Zeit ähnlich schnell und oft an der Alkoholflasche wie dereinst am Ball. Schließlich verließ ihn seine Frau.

Nach einer zweimonatigen Entziehungskur und einer Leistenoperation ist er nun wieder halbwegs im Lot. Anstelle formaler Qualifikation läßt Müller seine Erfolg sprechen: Er wurde zwischen 1967 und 1978 siebenmal Torschützenkönig, 1970 und 1972 gewann er Europas Torjägerkrone, erzielte in 427 Bundesliga-Einsätzen 365 Tore und wurde 1967 und 1969 deutscher „Fußballer des Jahres“. Er war an vier Deutschen Meisterschaften (1969, 1972, 1973 und 1974), drei Europacup-Siegen der Landesmeister (1974, 1975 und 1976) und ungezählten Pokalsiegen der Bayern beteiligt. 1972 wurde er Europameister, 1974 Weltmeister.

Allem Ruhm zum Trotz will Oberlehrer Hoeneß den inzwischen 46jährigen auf die Schulbank schicken. Der arme Gerd soll mehr können als der Bayern Trainer Lerby, der bekanntermaßen bar jeglicher Trainerlizenz agiert: Müller muß den Trainer A-Schein in der Sportschule Hennef machen, bevor er dann in Köln das Trainer- Diplom in Angriff nehmen soll. Musterschüler Müller ist dankbar: „Die neue Aufgabe macht mir Spaß. Ich komme jeden Tag aufs Trainingsgelände und spreche mit Uli ab, was ich machen soll.“

Außer lernen soll er Sponsoren betreuen, Stürmer und deren Opfer, die Torwarte, trainieren und Talente erspähen. miß