George Bush: Reaktion aus dem Bauch

War es das Unbewußte oder Wahlkampf-Populismus, was Bush beim Staatsbankett brechen ließ?  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Für die „Imagemaker“ des Weißen Hauses war es die Hölle. George Bush, der sonst auf den arrangierten Fernsehbildern immer so endlos — wie gedankenlos — zu joggen scheint, der die japanischen Kaisers am Nachmittag noch zu einem hartumkämpften Tennismatch herausgefordert hatte, dieser hyperaktive und peripathetische Präsident war am Mittwoch abend beim Staatsbankett einfach vornüber vom Stuhl gekippt und hatte seinen Mageninhalt ungalant auf den Teppich seiner japanischen Gastgeber entleert. Was für ein Bild! Erst das Handelsdefizit von 41 Mrd. Dollar und jetzt auch noch die stattlichen Kosten für die Teppichreinigung!

Da halfen all die Zugeständnisse der reuigen Gastgeber bei den US- Fahrzeugimporten und den in ihrer US-Produktion verwendeten Ersatzteilen nichts mehr. Ebensowenig die Beteuerungen der mitreisenden Wahlkampfkonsultanten, der Präsident habe einfach nur eine ganz gewöhnliche Magengrippe. George Bush hatte ausgesprochen, was in diesen Tagen Millionen von Amerikanern denken: Sie finden die heimische Rezession einfach zum Kotzen. Und wo ließe sich dies trefflicher ausdrücken als in Japan, dem Reich des aufgehenden Übels für die amerikanische Wirtschaft.

War hier mit dem Präsidenten einfach das Unterbewußte durchgegangen oder war er in einem plötzlichen Anfall von Populismus mutwillig vom Skript seiner Wahlkampfstrategen abgewichen? Diese Frage wird Psychiatrie und Öffentlichkeit in den USA noch monatelang beschäftigen. Ob der Präsident gegenüber Premier Miyazawa hier Stärke oder Schwäche gezeigt hat, auch da sind sich die Wahlkampfgelehrten hierzulande noch nicht einig.

Denn so sehr er hier vielen US- Bürgern aus dem Herzen (im Englischen sagt man vielleicht nicht von ungefähr „aus den Eingeweiden“) gesprochen hat, könnte sich das Bild vom reihernden Regierungschef im öffentlichen Bewußtsein am Ende doch noch falsch festsetzen. Ein unregelmäßiger Herzrhythmus hier und ein aschfahles Angesicht dort, und gleich stellt sich in der US-Politik nämlich wieder die Frage nach dem präsidentiellen Ersatzteil, kurz Dan Quayle genannt. Doch ausgerechnet dieser Mann hat in seiner dreijährigen Amtszeit als Vize-Präsident der Vereinigten Staaten das beinahe Unmögliche geschafft, nämlich mit seinem Ruf das arg lädierte Image der amerikanischen Autoindustrie noch zu unterschreiten. Vielleicht machte ja George Bush deswegen beim Akt des Sich-Übergebens einen so gequäylten Eindruck.