KOMMENTAR
: Das Deutschlandhaus besetzen

■ Zur Diskussion um die Zukunft des Gestapo-Geländes

Wer auswärtigen Besuchern den deutschen Umgang mit Geschichte zeigen will, der begleite sie in das ehemalige Nazi-Regierungsviertel. Im Osten wurde der Führerbunker zuplaniert, auf der früheren Reichskanzlei stehen Wohnhäuser, und Goebbels Propagandaministerium wurde von der SED einfach weitergenutzt. Im Westen hat das Prinz-Albrecht-Gelände seine Historie des Planierens, Verdrängens und Abwartens. Nur auf Druck von unten wurde es den Schichten des Vergessens entrissen. Mühsam, Stück für Stück, rangen Geschichtsinitiativen und Historiker dem Senat eine offizielle Würdigung der Stätte ab. All das berichtet mehr als jedes Geschichtsbuch.

Doch die Engagierten haben sich offenbar schon so an das Klein- Klein gewöhnt, daß sie gar nicht mehr auf die Idee kamen, die Chance der Vereinigung deutscher Geschichte zu nutzen. Zwar soll nun, überfälligerweise, die Stiftung Topographie des Terrors gegründet werden. Aber auch die östlichen »Orte der Täter« harren der Markierung. Wo bleibt der Geschichtslehrpfad, der vom ehemaligen Luftfahrtministerium, in dem nun die Treuhand die neuere deutsche Geschichte abwickelt, am Führerbunker vorbei zu den Kellerresten der Gestapozentrale führt?

Falsche Bescheidenheit auch andernorts. Ein »Haus der Menschenrechte« sei eine gute aktuelle Ergänzung am Rande des Gestapo-Geländes, befand Prof. Rürup schon in der Kommission. Aber die anvisierte Baulücke in der Anhalter Straße war nicht zu haben. Nun suchen amnesty international und andere Gruppen ein Haus auf dem Prenzlberg. Journalist Matthias Greffrath hatte da vorgestern eine bessere Idee, die man nur unterstützen kann: Das unsägliche Deutschlandhaus in der Nähe des Geländes, in dem korridorweise schlesisches Brauchtum ausgestellt wird, sei doch »ein Ort, der mal wieder besetzt werden könnte«. Ute Scheub