Konzerte trotz Gewaltdrohung

Pop-Sänger Paul Simon beginnt heute seine Südafrikatorunee/ Die „Azanische Jugendorganisation“ kritisiert den Auftritt als Verstoß gegen den inzwischen aufgehobenen Kulturboykott gegen Südafrika  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

The show must go on: Paul Simon wird am heutigen Samstag in Johannesburg mit seiner südafrikanischen Konzerttournee beginnen, obwohl die Gefahr gewalttätiger Proteste gegen seine Auftritte nicht endgültig ausgeräumt werden konnte. „Die Bedrohung der Gewalt ist beendet“, meinte Simon am Donnerstag nach mehrstündigen Gesprächen mit Vertretern der Azanischen Jugendorganisation (Azayo). Doch ein Azayo- Funktionär widersprach wenig später. „Widerstand ist die einzige Form des Kampfes gegen Apartheid“, sagte George Ngwenya. „Wir unterstützen jede Form des Widerstandes.“ Sollte unter den zu erwartenden 60.000 Zuschauern am Samstag jemand ums Leben kommen, wäre Ngwenya zufolge „das System“ dafür verantwortlich, nicht Azayo. Wie ernst die Gewaltdrohung gemeint ist, zeigte am Dienstag ein Bombenanschlag gegen das Johannesburger Büro der südafrikanischen Organisatoren der Konzerte. Dabei wurde niemand verletzt und nur begrenzt Sachschaden verursacht.

Azayo und andere kleine Oppositionsgruppen wie die Azanische Volksorganisation (Azapo) und der Panafrikanistische Kongreß (PAC) betrachten Simons Auftritt in Südafrika als einen Verstoß gegen den Kuturboykott, der den Apartheid- Staat international isolieren soll. Eine Aufhebung des Boykotts halten diese Gruppen nicht für gerechtfertigt, da der laufende Verhandlungsprozeß in Südafrika noch kein Ende der Apartheid erzielt habe.

Allerdings wurde der Kulturboykott Ende letzten Jahres offiziell von der UNO aufgehoben. Damit folgte die internationale Gemeinschaft der Politik des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), der parallel zum erfolgreichen Abschluß einzelner Verhandlungsetappen eine schrittweise Aufhebung von Sanktionen unterstützt. So wurden mit der Aufnahme von Mehrparteiengesprächen im Dezember sogenannte „Mensch- zu-Mensch“ Sanktionen aufgehoben, darunter Kultur- und Sportboykott und Reisebeschränkungen.

Azapo hat andererseits gegen eine Reihe weniger prominenter internationaler Gruppen, die in den letzten Monaten in Südafrika aufgetreten sind, nicht protestiert. Und der amerikanischen Schauspielerin Whoopi Goldberg, die zur Zeit in Soweto als Hauptdarstellerin an den Dreharbeiten für einen südafrikanischen Film mitwirkt, hat Azapo Unterstützung zugesagt. Denn, so hieß es, Goldbergs Arbeit fördere südafrikanische Widerstandskultur, nicht die Kultur der Herrscher.

Aber auch Simon hatte nach monatelangen Verhandlungen mit dem südafrikanischen Musikerverband Sama ebenfalls eine Billigung seiner Auftritte erreicht. Der Superstar wird alle Einkünfte seiner Konzerte an Sama übergeben. Und er und Musiker seiner Gruppe werden Workshops für südafrikanische Musiker veranstalten.

Deshalb wurde wiederholt der Vorwurf erhoben, daß Azapo und andere die Simon-Tournee ausnutzen wollen, um für ihre eher kleinen Organisationen Publicity zu machen. Das bestätigte sich, als die angeblichen Verfechter des Boykotts am Donnerstag abend in Verhandlungen mit Simon vorschlugen, daß der Sänger zwei Konzerte unter ihrer Schirmherrschaft veranstalten sollte. Daraufhin hat Simon die Gespräche abgebrochen.