Unter Großmutters Rock

■ Moks-Premiere: „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ von F.K.Waechter

Theaterfoto:

Frau auf Stuhl

Susanne Andres: 20 Rollen ...

„Was is 'ne Hölle?“ Die Sechsjährige ist von der metaphysischen Ebene des Stücks augenscheinlich überfordert. Auch Größeren erging es bei den Proben so, daß ihnen „Prälat“ und Kreuzzeichen nichts sagten. Ob der „Titanic“-Zeichner und Meister der neonaiven Hintergründigkeit, Friedrich Karl Waechter, dies bedacht hat, als er das

Grimm-Märchen „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ fürs Kindertheater bearbeitete?

Das Moks-Theater hatte am Freitag abend Premiere mit dem Stück. 40 überwiegend Achtjährige lümmelten sich auf ausgelegten Matrazen und ließen sich von Suzanne Andres in Bann ziehen. Die erzählte die Waechtersche Version der Geschichte und stellte alle zwanzig vorkommenden Rollen im fliegenden Wechsel dar. Eine Konzentrations- und Präsenzübung, die sie perfekt meisterte — ohne einen Kindertheater-Bonus in Anspruch zu nehmen.

Eine überaus vergnügliche Leistung anerkannte das begeisterte Bremer Publikum beim musikalischen Begleiter des Stückes, Erich Radke, der eine Art mittelalterlichen Synthesizer bediente. Mit Gongs, Glöckchen, aufgespannten Saiten und einer Batterie Blumentöpfe erzeugte er das Quietschen der verendenden Maus, die den Goldapfel-Baum am Tragen hindert, das Schnarchen des malträtierten Teufels und das Geschrei und Gestöhn beim Kampf zwischen dem Knecht mit der „Glückshaut“ und einem Soldatenhaufen. „Total stark“, das war die einhellige Meinung.

Was ist „Waechter“ an dem Stück? Zunächst läßt er den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ bizarr beginnen, nicht mit der Geburt von „Glückshaut“: Der Knecht wird von Teufels Großmutter vom Baum geschnitten, wo er aufgeknüpft war. Dann bekommt das Stück antimonarchistische Tendenzen und erotische Aufladungen verpaßt. Vielleicht macht Waechter auch nur die bekannten Grimmschen Entschärfungen rückgängig, wenn er etwa dem Versteck unter Großmutters Röcken eine erotische Dimension verpaßt.

Witzig und sehr eigenartig gestaltet Waechter die Dialoge: Räuber und Teufel sprechen bayerisch-russische Mischsprachen. Bis auf einige Striche (Dramaturgie: Ursula Menck) hält sich die Moks-Inszenierung (Regie: Senta Bonneval) an die Vorlage. 70 Minuten lang werden Kinder (ab 6) und Erwachsene von Suzanne Andres in Atem gehalten und erleben ein schönes Stück gespielter Erzählkunst. Bus

Weitere Vorstellungen: 15., 16., 24., 29., 30. Januar, 18 Uhr, und zusätzlich für Schulklassen nach Vereinbarung