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Rotes Signal für Eisenbahnpläne

■ Bonn verweigert sich den von Berlin vorgelegten Eisenbahn-Konzeptionen/ Verzögerung schiebt Berlin aufs Abstellgleis/ Achsenkreuz zu teuer?

Berlin. Bleibt die Eisenbahn in Berlin auf unabsehbare Zeit auf Vorkriegsniveau? Der Bundesverkehrsminister hat bisher keine der beiden Berliner Eisenbahnkonzeptionen in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. In diesem Plan, der alle zehn bis fünfzehn Jahre überarbeitet wird, sind alle wichtigen Verkehrsstrecken der Bundesrepublik enthalten. Der Bundesverkehrswegeplan hätte eigentlich schon bis Ende 1991 vorliegen sollen und wird nun in den nächsten Wochen fertiggestellt. Nachdem Berlin neue Großprojekte im Verkehrsbereich nur mit Geld aus Bonn finanzieren kann, ist es unabdingbar, das Eisenbahnkonzept in dem Plan festzuschreiben.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums erklärte, es habe noch keine endgültige Entscheidung über den Bundesverkehrswegeplan gegeben, deshalb wolle man sich nicht äußern. In der Senatsverkehrsverwaltung hieß es, der zuständige Abteilungsleiter sei gerade in Bonn, um genau deswegen mit dem Verkehrsministerium zu verhandeln.

Hintergrund des Ärgers ist offenbar, daß sich Bonn und Berlin uneinig sind, wie die Eisenbahn in Berlin ausgebaut werden soll. Berlin hat Bonn zwei Modelle vorgeschlagen, die vorläufig beide in den Verkehrswegeplan aufgenommen werden sollten: das Achsenkreuzmodell, bei dem sich unter dem Tiergarten zwei Tunnel kreuzen, und das sogenannte Ringmodell. Hierbei sollen die Bahnhöfe an der Ringbahn ausgebaut werden. Zuvor hatten der Berliner Verkehrssenator und der Bonner Verkehrsminister gemeinsam ein Gutachten bei dem Berliner Institut für Bahntechnik in Auftrag gegeben, das beide Modelle prüfen sollte. Dieses Gutachten liegt nun vor. Demnach ist das Achsenkreuzmodell für die Eisenbahn betriebstechnisch günstiger, das Ringmodell ist jedoch stadtverträglicher.

Die Berliner Senatoren für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bevorzugen das Achsenkreuz. Dem Bund wäre jedoch das Ringmodell lieber. Die Bundesbauministerin hatte in einem Brief an den Berliner Senat darauf hingewiesen, daß wegen der »polyzentralen Stadtentwicklung Berlins« das vom »Verkehrsminister favorisierte Ringmodell zu befürworten sei«.

Der Bund ist jedoch weniger aus stadtplanerischen Gründen gegen das Achsenkreuz, vermutet der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Michael Cramer. Vielmehr wollen die Beamten keinen Zentralbahnhof direkt am Regierungsviertel, wo sich dann neben Autoschlangen auch womöglich Zigarettenschmuggler, Taschendiebe und Prostituierte sammelten, vermutet Cramer. Zum anderen sei Bonn wohl das Achsenkreuz zu teuer. Denn allein eine einzige Röhre kostet 100 Millionen Mark pro Kilometer. esch

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