Hilflose Küken

■ Basketball: Alba Berlin-BC Oostende 52:81/ Blamable Albatrosse verspielten Europacup-Chance

Berlin (taz) — Eines hatten sich die Basketballer von Alba Berlin vor der Saison fest vorgenommen; sie wollten unbedingt eine Spitzenmannschaft werden. In gewisser Weise sind sie diesem Ziel schon ein bedenkliches Stück nahegekommen. Zieht man den Vergleich zum Fußball, so ähneln die Albatrosse zumindest schon in einem Punkt der famosen Eintracht aus Frankfurt, nämlich in ihrer Launenhaftigkeit.

Grandiosen Auftritten wie vor zehn Tagen in Saloniki, als der griechische Europapokalverteidiger die Berliner nur mit massiver Hilfe der Schiedsrichter besiegen konnte, folgen solch blamable Vorstellungen wie die in eigener Halle gegen den BC aus Oostende. Das 52:81 bedeutete die fünfte Niederlage in der Europapokal-Hauptrunde und ließ die letzten Chancen auf das Erreichen des Halbfinales schwinden.

Nichts war zu sehen vom majestätischen Flug der Albatrosse, den sie manchesmal perfekt beherrschen, eher wirkten sie wie hilflose Küken, die sich aus lauter Unbeholfenheit im eigenen Nest gegenseitig aufs Federkleid schissen. Und das ausgerechnet gegen die Basketballer aus dem belgischen Badeort, welche in der Europacup-Tabelle bislang auf dem letzten Platz standen, die Berliner allerdings auch schon im Hinspiel mit 121:90 tüchtig blamiert hatten.

Diesmal lief es kein Stück anders. Schon nach sieben Minuten war das Spiel gelaufen, 9:23 führten die ohne Spielmacher Ronny Bayer angetretenen Oostender, ohne sich sonderlich angestrengt zu haben, während Alba sich nur darum mühte, nicht noch größeren Blödsinn zusammenzuspielen. Kein einziger Berliner erreichte auch nur halbwegs seine normale Form, was Trainer Faruk Kulenovic schon früh veranlaßte, munter auszuwechseln. Als er bemerkte, daß dies überhaupt nichts änderte, ließ er die für ihn typischen cholerischen Anfälle an der Seitenlinie sein, barg mit stiller Leidensmiene sein Haupt in Händen und blickte beschämt zu Boden.

Nur einer brauchte hernach nicht mit schlechtem Gewissen vom Platz zu schleichen. „Der brennende Wolkenkratzer“, wie der 2,17 Meter große Center Uwe Blab mit dem roten Schopf seit neuestem genannt wird, rackerte wie gewohnt, schnappte sich wenigstens einige Rebounds und erzielte trotz heftiger Bekrakelung durch seine Gegenspieler dreizehn Punkte.

Mit seinen Kollegen aber spielten die Belgier um den kleinen, wuseligen Aufbauspieler Jean-Marc Jaumin in erbarmungswürdiger Weise Katz und Maus. Besonders die Amerikaner Brian Shorter und Dexter Shouse umdribbelten die eingewechselten Berliner Küken Ingo Freyer und Theo Ötztürk mit spitzbübischer Freude so leicht wie Laternenpfähle, bevor sie ihre Dunkings zelebrierten.

Vom Berliner Star Zoran Radovic war nichts zu sehen. Hatte er am Wochenende in Stuttgart noch mit 39 Punkten brilliert, so schaute er diesmal mißmutig von der Bank aus an, wie seinen Albatrossen in der zweiten Halbzeit nach kurzem und vergeblichem Aufbäumen endgültig die Flügel erlahmten und sie den Korb überhaupt nicht mehr trafen.

War es schon peinlich genug, daß den Berlinern in dieser zweiten Halbzeit nur lächerliche 25 Punkte gelangen, so müßte für sie bei gleicher Leistung morgen abend die ganz große Blamage folgen, wenn der deutsche Meister Leverkusen an die Spree kommt. Denn die Chemiekörbler sind ein gutes Stück stärker als der Sunair BC aus Oostende. Aber die Albatrosse sind unberechenbar. Wer kennt sich schon aus in der Seele einer vogeligen Diva. Schmiernik