INTERVIEW
: „Eine Monarchie soll dauerhaft sein“

■ Interview mit der Prinzessin Maria de la Paz von Bagration und Bayern, die Ansprüche auf den georgischen Thron erhebt

Maria de la Paz von Bagration und Bayern, Tochter des verstorbenen Prinzen Irakli Bagration und der Infantin Mercedes von Bayern, erhebt Ansprüche auf den Thron von Georgien, falls dieses Land zur Monarchie zurückkehren sollte. Die Familie der Bagration herrschte über Georgien bis 1801, als es vom Zarenreich entthront wurde. Auch der ehemalige Rennfahrer und heutige Müßiggänger Jorge Bagration, Halbbruder von Paz aus einer ersten Ehe des Vaters mit der italienischen Gräfin Antonietta Pasquini, der im spanischen Jet-Set-Ort Marbella lebt, will König werden. Er führt zu seinen Gunsten seine Erstgeburt ins Feld. Etwas im Hintergrund will auch der jüngste Bruder Bagrat nicht übersehen werden.

Paz Bagration ist Zahnärztin. Das Gespräch fand in ihrer Madrider Praxis statt, mit einem Zahnarztstuhl als Dekor. Die Prinzessin ist rundlich, trägt offene schwarze Haare und macht keinen Hehl aus ihrer Ablehnung höfischen Müßiggangs. An ihrem Hals baumeln einträchtig ein goldener Backenzahn und ein goldenes orthodoxes Kreuz, ein Erbstück ihres Vaters.

taz: Wie fühlt man sich als Zahnärztin, die unversehens vor der Aussicht steht, womöglich bald auf einen Thron zu steigen?

Paz Bagration: Seit ich geboren wurde, wußte ich, wer ich war und was vielleicht die Zukunft bringen konnte — auch wenn sich niemand vorstellen konnte, wie schnell der Wandel in den Ländern der Sowjetunion vor sich gehen würde. Mich interessiert im Moment weniger die Möglichkeit, daß Georgien zur Monarchie zurückkehrt, als daß sich die Situation beruhigt und daß die Gewalt aufhört, die so viele Toten gekostet hat. Es ist der erste Bürgerkrieg in Georgiens Geschichte — wir haben immer nur gegen Invasoren gekämpft, aber nie gegeneinander. Was mich glauben macht, daß vielleicht Dritte interessiert waren, Zwietracht zu säen; und wir haben angebissen.

Wen meinen Sie mit den Dritten?

Nun, wahrscheinlich die Zentralregierung in Moskau. Die haben überhaupt keine Lust, eine der reichsten Republiken der Union zu verlieren, und immerhin wollten wir auch nicht in die GUS eintreten — und ich hoffe, daß das auch die neue Regierung nicht tun wird, denn ich denke, das wäre ein großer Fehler. Wir müssen unsere völlige Unabhängigkeit wieder erlangen.

Es war das Militärkomitee, das möglicherweise diese Dritten verkörpert, das von einer möglichen Wiedereinsetzung der Monarchie geredet hat...

Ich war im vergangenen Sommer in Georgien, und damals hat bereits Präsident Gamsachurdia von einer möglichen Wiedereinsetzung der Monarchie gesprochen. Das georgische Volk war immer sehr monarchistisch. Das heißt, der Prozeß beschleunigt sich zur Zeit — mehr nicht.

Wie könnte eine Monarchie in Georgien heute aussehen?

Die Vorstellung ist, die spanische Monarchie zu kopieren. Ich denke jedenfalls, daß es eine parlamentarische Monarchie wäre mit einer breiten Vertretung aller Parteien in der Regierung. Zunächst müßte man jedoch ein Referendum abhalten, um zu sehen, ob das Volk eine Monarchie oder eine Republik will.

Was müßte man von einem König oder einer Königin erwarten?

Ich glaube, daß weder meine Brüder noch ich darauf vorbereitet sind, König zu sein. Das ist eine große Verantwortung. Man kann nicht, wie mein Bruder jetzt, nur von den Rechten sprechen, man muß auch von Pflichten reden. Ich denke, wir müssen die jüngere Generation, also unsere Kinder, für diesen Posten vorbereiten. Doch falls sich die Ereignisse überstürzen, sind wir alle selbstverständlich bereit, unserem Vaterland zu dienen. Eine Monarchie soll dauerhaft sein und das Land stabilisieren. Man darf das nicht so leicht nehmen wie mein Bruder, der sich jetzt Georg XIV. nennt.

Ihr Bruder ist offensichtlich der Ansicht, er habe als einziger Anrecht auf den Thron.

Mein Bruder Georg ist der älteste Sohn meines Vaters, deshalb erhebt er gewisse Ansprüche. Aber das heißt nicht, daß er es wird. Er muß sich daran erinnern, daß er auf all seine dynastischen Rechte verzichtete, als er seine zweite — die jetzige — Frau heiratete. Wir haben ohnehin einen Kodex vom König Wachtang Gorgasali aus dem 11. Jahrhundert, das war der Großvater der berühmten Königin Tamara. Der erklärt ganz klar, daß Frauen und Männer die gleichen Rechte haben. Wer von ihnen der geeignetste und intelligenteste ist, wird König — das entscheidet, sagen wir mal, wer gerade an der Regierung ist. Ich erhebe keine Ansprüche. Ich verteidige jedoch meine Rechte. In meinem Volk haben viele Frauen regiert, und besser als die Männer.

Warum sind Sie diesen Sommer nach Georgien gefahren?

Ich bin die einzige der drei, die je dort war. Ich habe immer meinem Vater sehr nahegestanden und hatte immer das Gefühl, mein Vaterland sei Georgien, und bin mit der gesamten Familie dorthingefahren, um mein Vaterland kennenzulernen. Und dann auch, um einen Raum für eine Praxis zu suchen, denn Monarchie oder nicht — irgendwann will ich dort leben.

Haben Sie Kontakt zur russischen Aristokratie?

Meine Tante ist mit dem Großherzog Wladimir von Rußland verheiratet. Ich muß jedoch sagen, daß ich nicht sehr pro-russisch bin. Im Laufe unserer Geschichte haben die Russen uns viele Male betrogen, unser Gebiet ist aufgeteilt worden. Das heißt nicht, daß wir die Beziehungen zu ihnen abbrechen sollten. Wir sollten nachbarschaftliche Beziehungen aufbauen, kulturellen Austausch und in bestimmten Bereichen wirtschaftliche Zusammenarbeit — aber jedenfalls nicht der GUS beitreten, nichts mit ihnen unterschreiben, denn bei allen Verträgen, die wir mit ihnen unterzeichnet haben, haben sie uns betrogen.

Was denken Sie über das südossetische Problem?

Südossetien ist nicht Südossetien, sondern Georgien. Die Leute, die dort leben, sind keine Osseten, sondern Russen, die von Moskau extra dorthin gesteckt worden sind, um die Auseinandersetzungen zu organisieren. Ich glaube nicht, daß wir Ossetien verlieren dürfen, sie haben uns schon genug Gebiete weggenommen.

Ein anderer Georgier, Eduard Schewardnadse, hat seine Bereitschaft signalisiert, seinem Land zu dienen. Könnten Sie sich vorstellen, mit ihm zusammenzuarbeiten?

Schewardnadse mag man in Georgien in mancher Hinsicht nicht, denn man erinnert sich, wie er im Auftrag der KPdSU in Georgien arbeitete. Aber sein Angebot war nicht, nach Georgien zurückzukehren, sondern dem Land zu helfen. Warum soll er das nicht tun?

Haben Sie in diesen Tagen Kontakt mit dem Militärkomitee gehabt?

Nein. Ich hatte Kontakt mit der monarchistischen Partei und mit Einzelpersonen sowie der georgischen Vertretung in Moskau.

Ihr Bruder Jorge hat Äußerungen des Militärkomitees, Franco sei gut gewesen für Spanien, damit kommentiert, dies sei Ausdruck von Antikommunismus. Wie sehen Sie das?

Das georgische Volk schaut jetzt nach Spanien, denn hier lebt die georgische Königsfamilie. Deshalb vermischen sie Franco mit dem König, haben keine klaren Ideen. In all diesen Ländern wird der politische Wandel nicht leicht sein. Der Wiederaufbau Georgiens wird in jeder Hinsicht schwierig werden. Interview: Antje Bauer