Prager Regierung ist optimistisch

■ Sozialdemokratische Partei in der CSFR will gegen den Vertrag stimmen

Prag (taz) — Das Außenministerium der Tschechoslowakei war gestern bemüht, die deutsch-tschechoslowakischen Beziehungen in bestem Licht erscheinen zu lassen. Wie sein Sprecher Egon Lansky erklärte, habe man nicht damit gerechnet, daß die deutsche Bundesregierung die Unterzeichnung des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit weiter hinausschieben werde.

Gleichzeitig gestand Egon Lansky aber auch zu, daß man ohne die neu aufgeflammte Diskussion über den bereits im Oktober paraphierten Vertrag mit den geplanten Gemeinschaftsprojekten früher hätte beginnen können.

Die tschechoslowakische Seite habe großes Interesse, daß der von Bundeskanzler Helmut Kohl im Zusammenhang mit dem Vertrag erwähnte Bau der Autobahn zwischen Prag und Nürnberg ebenso wie die Erdölleitung zwischen Bayern und Böhmen so schnell wie möglich fertiggestellt werden.

Obwohl im Laufe der nun bereits mehr als zwei Wochen dauernden innenpolitischen Diskussion über den deutsch-tschechoslowakischen Vertrag die Zahl seiner Gegner angewachsen ist, zeigte sich Lansky überzeugt, daß dieser noch vor Beginn des anstehenden Wahlkampfes von der Prager Föderalversammlung ratifiziert werden wird.

Mit dieser Ratifizierung rechnet auch die Tschechoslowakische Sozialdemokatische Partei CSSD. Da sie jedoch der Ansicht ist, daß die CSFR den Forderungen der Bundesrepublik Deutschland zu weit entgegengekommen ist, werden ihre Abgeordneten gegen den Vertrag stimmen. Ebenso wie Lansky erwartet die Partei nicht, daß der Deutsche Bundestag eine Erklärung verabschieden werde, in der sich die CSU mit ihren Forderungen nach einer Beendigung der Versteigerung des sudetendeutschen Besitzes oder der Gültigkeitserklärung des Münchner Abkommens aus dem Jahre 1938 durchsetzen kann.

Sollte es aber dennoch dazu kommen, wird die Opposition in Prag weiterhin jede Veränderung der Eigentumsverhältnisse zugunsten der Sudetendeutschen entschieden ablehnen. Die Reaktion der tschechoslowakischen Regierung werde, so meinte Egon Lansky diplomatisch, vom Inhalt der Erklärung abhängen. Sabine Herre