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StandbildIntelligente(s) Eulen-Spiegelei

■ "Die geheime Sammlung des Salvador Dali", Dienstag, 23Uhr, ZDF

Künstlerporträts und Art-verwandte Filme gehören gemeinhin so ziemlich zum Ödesten, was Kultur-Fernsehen zu bieten hat. Und wenn dann noch ein Gemeinplatz wie Salvador Dali auf dem Programm steht, dessen Poster inzwischen vorwiegend Jugendzimmern aus dem Versandhaus-Katalog surreale Momente abzutrotzen versuchen, ist hochgradig Einschläferndes zu befürchten. Wer sich mit derart gedämpften Erwartungen zu später Stunde auf den Film von Otto Kelmer einließ (und sei es nur, um die Tennis-Wartezeit zu verkürzen), bekam wider Erwarten 60 höchst amüsante Fernsehminuten serviert. Getarnt als Reportage von Georg Stefan Troller — einem ausgewiesenen Chronisten des Realen — über den Dali-Forscher Max Richard, inszenierte Kelmer eine augenzwinkernd böse Farce um den schrulligen Surrealisten-Papst. Was kreuzbrav begann, entwickelte sich zu einem vergnüglichen Verwirrspiel, bei dem es schließlich weniger um Dali als um das unbändige Vergnügen am Spiel mit (Fernseh-)Wirklichkeiten und Fiktion ging.

Den größten Spaß hatte dabei zweifellos, wer von der Dali-Forschung keinen blassen Schimmer hatte und überhaupt in der Kunstgeschichte nicht sonderlich bewandert war. Gewiß, die erlauchte Schar der wetteifernden „Dalinisten“ mutete reichlich verschroben an, aber schließlich ist Kunst-Exegeten eine gewisse spinnerte Blasiertheit nicht eben fremd. So mochte denn der Laie wahrhaftig für einen Moment glauben, daß Dali in einer bisher unentdeckten Privatsammlung die schätzbaren Originale europäischer Meister gehortet hatte. Und als dann der „Experte“ offenbarte, es handele sich durchweg um geniale Fälschungen, die Dali eben als solche verehrt habe, war man geneigt, auch diese Absurdität zu schlucken. Schließlich führte der Film doch den schlüssigen Beweis, daß Dali zeitlebens darunter gelitten hatte, daß die Eltern seinen älteren Bruder als „Original“, ihn hingegen nur als dessen „Kopie“ behandelten. So steuerte der Film denn zielstrebig auf seinen Höhepunkt zu: Die sensationelle Entdeckung des Films Der Schubkarren des Fleisches, eine Original-Bunuel-Fälschung von Salvador Dali. Und wer hier noch immer nicht zu entscheiden vermochte, ob er nun einer Sensation oder einem bösen Fake beiwohnte, mußte schon bis zum Nachspann warten, um wieder einigermaßen beruhigende Kriterien des Realen an die Hand zu bekommen. Nach dieser hintersinnigen Schatzsuche ist ein bestimmter Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen: Könnte nicht auch hinter all den Berichten über die fiebrige Fahndung nach dem ominösen Bernstein-Zimmer ein gewisser Otto Kelmer stecken? Reinhard Lüke

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