Muntermacher

■ Wie Stickoxid den Männern auf die Sprünge hilft

Impotente Männer müssen nicht unbedingt zuerst den Weg zum Psychiater antreten. Während bis vor kurzem die männliche Impotenz noch eine Goldgrube für Therapeuten war, wissen Ärzte heute, daß die Ursachen selten im Gehirn zu finden sind.

Eine jetzt veröffentlichte Studie legt nahe, daß impotenten Männern bald gezielter geholfen werden kann. US-amerikanische Wissenschaftler haben jene körpereigene Substanz entdeckt, die eine entscheidende Rolle bei der Peniserektion spielt. Der magische Stoff heißt Stickoxid und wird von der glatten Muskulatur des Körpers produziert. Er spielt nicht nur bei der Erektion, sondern auch bei Gedächtnisprozessen und in der Immunreaktion eine Rolle. Im Penis entspannt Stickoxid die glatte Muskulatur der Gefäße, so daß Blut ungehindert in das Organ strömen kann und es zur Erektion bringt.

Der Urologe Jacob Rajfer (Universität Kalifornien, San Francisco) nahm Proben glatter Muskulatur aus den Penisen von 21 impotenten Männern, denen Penisprothesen eingesetzt wurden. Ihre Potenz war wegen Erkrankungen wie Zucker, Bluthochdruck, schwere Arteriosklerose oder nach Prostata-Operationen gestört. Im Labor konnte Rajfers Team anhand der Proben nachweisen, daß Stickoxid die Entspannung des Muskels auslöst. In späteren Experimenten gelang es, mit der Substanz bei Hunden, Ratten und Affen Erektionen herbeizuführen.

Ob Impotenz beim Menschen ähnlich wie bei den Versuchstieren mit Stickoxid behandelt werden kann, bleibt noch unklar. Doch meinen die Urologen jetzt zu wissen, wie bisher verwandte potenzsteigernde Medikamente wirken. Schon seit Mitte der achtziger Jahre können Männer ihr Potenzproblem behandeln, indem sie sich Papaverin, Prostaglandin E oder Phentolamin in den Penis injizieren. Die Mittel lösen die gewünschte Erektion aus, jedoch ist bisher unbekannt, wie sie in die biochemischen Abläufe des Körpers eingreifen. Außerdem haben sie negative Begleiterscheinungen wie unangenehm lange Erektionen, Kopfschmerzen oder Schwindelanfälle. Nun meinen Rajfer und Kollegen, daß die Medikamente die Produktion von Stickoxid im Penis anregen oder die Wirkung dieser Substanz verstärken. Zukünftig hoffen sie, Impotenz direkt mit Stickoxid behandeln zu können und so die störenden Nebenwirkungen zu vermeiden. Deshalb muß erst untersucht werden, ob das Wundermittel nicht andere eventuell gefährlichere Begleiterscheinungen auslöst. Immerhin tritt es in der glatten Muskulatur aller Körperteile auf.

Bis zu zehn Jahren, so Rajfer, werden sich die Männer noch gedulden müssen, bis der neue Potenzspender in die Apotheken gelangt. Zur Belohnung für die Wartezeit verspricht er ihnen ein besonderes Bonbon: Stickoxid soll als Pille oder in Heftpflaster imprägniert vermarktet werden. Schließlich mag sich nicht jeder Mann in den Schwanz pieksen. Silvia Sanides