Teufel mit Asylthema auf Stimmenfang

Streit in der CDU über eine Einschränkung des Grundrechts auf Asyl/ Nicht ob, sondern wann ist die Frage/ Baden-Württembergs Ministerpräsident will Gesetzentwurf noch vor den Landtagswahlen  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) — „Nein, Krach hat es nicht gegeben. Krach gibt es nur bei Kommunisten — bei Demokraten heißt das Diskussion“, kommentierte gestern der Pressesprecher der CDU/CSU-Fraktion, Günter Englisch das Fraktionstreffen am Montag abend, bei dem die alten Freunde Wolfgang Schäuble und Erwin Teufel hart aneinandergeraten sind. Baden-Württembergs Ministerpräsident fürchtet nämlich, nach jahrzehntelanger CDU-Herrschaft im Ländle seinen Sessel nach den Landtagswahlen räumen zu müssen. Deshalb drängt er darauf, daß sich der Bundestag noch vor dem Urnengang am 5. April mit einem Gesetzentwurf zur Einschränkung des in Artikel 16 garantierten Grundrechts auf Asyl beschäftigt. Schäuble hingegen will an seiner Befriedungspolitik gegenüber dem Koalitionspartner FDP noch eine Weile festhalten — auch wenn „man eine Grundgesetzänderung nach wie vor anstrebt. Nur Form und Zeitpunkt sind noch unklar“, so Englisch. Gestern abend noch wollte sich die Bundestagsfraktion zusammensetzen und entscheiden, welche Schiene in Zukunft gefahren werden soll.

Immerhin rund zwei Drittel der CDU-Landesgruppe in Baden- Württemberg soll am Montag hinter Teufel gestanden haben: Denn Asyl steht auf der Wahlkampf-Hitliste ganz oben. „Selbst eine von der SPD in Auftrag gegebene Wählerumfrage hat ergeben, daß 29 Prozent der Wähler das Asylproblem am wichtigsten finden“, sagt Markus Bleistein, stellvertretender Regierungssprecher im Stuttgarter Staatsministerium.

Das kommt nicht von ungefähr — hat die CDU im Stuttgarter Landtag sich doch seit Jahren, zusammen mit ihren christsozialen Nachbarn, als Vorreiterin einer harten Abschiebepolitik profiliert und immer wieder die Asylbewerber für alle möglichen Mißstände verantwortlich gemacht. Ex-Landesvater Lothar Späth brüstete sich regelmäßig damit, daß Baden-Württemberg Asylbewerber am konsequentesten zurückschickt und auch bei der Einrichtung von Sammelunterkünften ganz vorne läge. Insbesondere Innenminister Dietmar Schlee tat sich als Einpeitscher dieser Politik hervor — und er sekundiert auch dem neuen Ministerpräsidenten. Erwin Teufel galt vor seiner Wahl in puncto Asyl als relativ liberal, weil er sich als Katholik zur christlichen Soziallehre bekennt. Aber inzwischen ist er längst in Lothar Späths Fußstapfen getreten.

Verwirrung herrschte gestern in Bonn darüber, ob Schäuble vergeblich auf seine Amtskollegen aus SPD und FDP, Klose und Solms, gewartet hat, um dem sogenannten Asylkompromiß über eine Beschleunigung des Verfahrens letzten Schliff zu geben. Die SPD dementierte heftig, daß Klose zur CDU gegangen sei.