Möllemann will nichts gewußt haben

Bundeswirtschaftsminister: Keine Ahnung von der Lieferung von Teilen für das Atomzentrum im Irak durch deutsche Firma/ Außenwirtschaftsgesetz im Bundestag verabschiedet  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Während der abschließenden Debatte über die Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes hat Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann gestern den gegen ihn entstandenen Verdacht der Begünstigung bundesdeutscher Zulieferungen zur irakischen Atomwaffenproduktion zurückgewiesen. Zugleich wurden neue Einzelheiten über die Förderung der in Möllemanns Wahlkreis beheimateten Firma H&H Metalform durch die Bundesregierung bekannt. Das von den Oppositionsparteien abgelehnte neue Gesetz sieht Maßnahmen gegen „illegale Rüstungsexporte“ vor, darunter erweiterte Möglickeiten zur Überwachung verdächtigter Firmen und Personen vor wie Eingriffe in das Brief-, Post-und Fernmeldegeheimnis.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Schwanhold erklärte, während der Bundestagsdebatte, die im Fall der Firma H&H Metalform bislang vorliegenden Erkenntnisse (siehe gestrige taz) „belasteten den Abgeordneten im Ministerrang aus Münster“. Schwanhold fragte Möllemann, ob er „eine schützende Hand über die Firma gehalten“ habe. Der Wirtschaftsminister antwortete, er habe sich „zu keinem Zeitpunkt um irgendeinen die Firma betreffenden Vorgang gekümmert“. Zudem bedeuteten die der H&H Metallform von der Bundesregierung noch am 28. Juli 1989 erteilten Negativbescheide „keine Genehmigung für den Export von Maschinen, sondern lediglich die Feststellung, daß für ihre Ausfuhr keine Genehmigungspflicht“ bestehe. Schwanhold hatte hingegen betont, daß die ausgeführte Technologie sowohl genehmigungspflichtig ist als auch der Geheimhaltungspflicht unterliegt. Auf den Vorhalt des SPD-Abgeordneten, daß der Generalbundesanwalt auf der Basis von auch der Bundesregierung schon Anfang Juni 1988 vorliegenden Erkenntnissen gegen den Geschäftsführer der Firma, Hinze, wegen Spionage und Agententätigkeit ermittelt habe, antwortete der Minister: „Die Ermittlungen gegen das Unternehmen waren zum Zeitpunkt der Erteilung der Negativbescheide ergebnislos abgeschlossen und sind erst jetzt wieder aufgenommen worden.“

Die Förderung der von der Firma entwickelten und in den Irak gelieferten Gasultrazentrifugen-Technologie durch die Bundesregierung erfolgte bis Mitte August 1990, also bis kurz nach der Invasion Kuwaits durch den Irak. Im geheimen Irak- Bericht vom März 1991 heißt es jedoch: „Seit 1988 lassen sich konkrete Versuche des Irak feststellen, Komponenten und Technologien für die Urananreicherung nach dem Gasultrazentrifugenverfahren zu beschaffen.“ Von bis dahin bewilligten 150.000 Mark Subventionen des Forschungsministeriums für den Bau von Drückwalzen, die für den Irak benötig wurden, wurden bis August 90.000 Mark ausbezahlt. Nach der ersten Veröffentlichung über das Treiben der Firma im Irak verlangte das Bundesforschungsministerium jedoch die Rückzahlung dieser Mittel. Die Firma kam dieser Forderung prompt nach. Weitere bis August 1990 beantragte und bewilligte 250.000 Mark wurden dann zunächst nicht mehr ausbezahlt.

Scharf reagierte der Bundeswirtschaftsminister, als der heute fraktionslose ehemalige CSU-Abgeordnete Ortwin Lowack ihn in der Debatte auf einen Beriche des Fernsehmagazins „Report“ (München) ansprach, wonach Möllemann sich inder Vergangenheit für Rüstungsexporte in den Irak und nach Libyen stark gemacht habe. Der Minister wies diese Berichte „auf das schärfste zurück“.

Die vom Bundestag in dritter Lesung beschlossenen Änderungen im Außenwirtschaftsgesetz, Strafgesetzbuch und in der Strafprozeßordnung waren vergangenen Sommer im ersten Anlauf am Widerstand der Sozialdemokraten im Bundesrat gescheitert. In der jetzigen Fassung sind sie in der Länderkammer nicht mehr zustimmungspflichtig. Die umstrittene Ermächtigung des ZKI zur Überwachung von Brief-, Post- und Fernmeldeverbindungen wurde zunächst auf drei Jahre befristet. Eine solche Maßnahme bedarf der richterlichen Anordnung und der Zustimmung des Bundesfinanzministers.