Theater pur

■ Imelda Marcos läßt sich festnehmen

Berlin (taz) — Tränenersticktes Schluchzen und das Absingen herzzerreißender Schnulzen gehören zum Standardrepertoire der philippinischen Diktatorenwitwe Imelda Marcos. Seit ihrer Rückkehr in die Philippinen vergangenes Jahr hat sich die selbsternannte „Mutter der Nation“, gegen die etwa 80 Verfahren wegen Korruption und unrechtmäßiger Bereicherung laufen, auf eine neue Rolle vorbereitet: Präsidentschaftskandidatin für die Wahlen im Mai. „Ohne einen Pfennig“ sei sie heimgekommen, hatte sie — natürlich schluchzend — erklärt, als sie in Manila eintraf. Und von den Millionen oder gar Milliarden US-Dollars, die ihre Familie sich in der Regierungszeit des Gatten Ferdinand bis 1986 zuschanzte, will sie keine Ahnung haben. Nun ließ sie sich öffentlichkeitswirksam festnehmen — selbstverständlich nur vorübergehend. Sie hatte die Zahlung einer Kaution von umgerechnet 1.830 Mark erfolgreich so lange verzögert, daß sie von sieben Polizisten in einem Polizeiwagen auf die Wache gebracht werden konnte. Die Presse war gebührend informiert. Hoffnungsvoll — und unter Tränen — sagte sie: „Ich glaube, daß dies lediglich meine Präsidentschaftskandidatur unterstützen wird.“ Eigentlich wollte sie lieber im eigenen Mercedes chauffiert werden, der sie auch gewöhnlich in die Slums transportiert, wo sie den Armen ihre Liebe und Hoffnung auf ein besseres Leben verspricht. Aber das wollten die Polizisten nicht. Nach wenigen Stunden Haft und Zahlung der Kaution ging's zurück zum Hotel (kostet täglich 3.000 DM) und dann weiter auf in den Wahlkampf. Im Falle ihrer Wahl zur Präsidentin könnten die Urteile in den Verfahren erst nach Ablauf der sechsjährigen Amtszeit vollstreckt werden. Doch gewählt wird sie wohl nicht; das ginge selbst den Bewohnern der Philippinen zu weit, die ansonsten für Melodramatik in der Politik sehr aufgeschlossen sind. li