PDS-Richterin entzweit große Koalition

■ Richterwahlausschuß bestätigt Berufung Cathrin Junges zur Richterin auf Probe/ SPD und CDU über weiteres Vorgehen des Senats unentschieden/ SPD begrüßt Ernennung, CDU lehnt sie kategorisch ab

Berlin. Über die Ernennung von Cathrin Junge aus Hohenschönhausen zur Richterin auf Probe droht zwischen den Koalitionsparteien ein grundsätzlicher Konflikt auszubrechen. Während die CDU sich gegen eine Ernennung ausspricht, fordert die SPD, nun dem Votum des Richterwahlausschusses für Frau Junge zu folgen. Das zwölfköpfige Gremium hatte es am Mittwoch abend abgelehnt, nochmals die Eignung der Kandidatin für das Richteramt zu überprüfen. Dazu hatte ihn der Senat Mitte Dezember aufgefordert, als er den Fall an das Gremium zurücküberwies. Die Landesregierung hatte sich damals geweigert, die Ernennung vorzunehmen, weil die CDU Zweifel an der Verfassungstreue der Richterin hegte, da diese Mitglied der PDS sei.

Das vorgestrige Votum des Richterwahlausschusses entfiel dem Vernehmen nach mit einer Mehrheit von neun zu drei Stimmen. Der Notar Hubert Rösler, der für die CDU in dem Gremium sitzt, erklärte gestern, daß man für die Rücküberweisung des Senats kein Verständnis gehabt habe, da der Richterwahlausschuß bereits bei der ersten Beratung über Frau Junge alle Punkte berücksichtigt habe. Der Schwarze Peter liege nun wieder beim Senat.

Darüber ist der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nicht erfreut. Er will den offiziellen Bericht von Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) über das Beratungsergebnis abwarten und danach entscheiden, »ob es an der Zeit ist, dieses Thema im Senat zu behandeln, oder ob dem Richterwahlausschuß deutlich gemacht werden muß, daß er eine gewisse Achtung vor einem Verfassungsorgan«, dem Senat, haben muß. Der Senat, so Diepgen, sei kein Beurkundungsorgan von Entscheidungen eines Gremiums. Er machte damit erneut deutlich, daß die Landesregierung sich eine eigene Prüfung des Falles vorbehält. Limbach wird im Senat für die Ernennung von Frau Junge plädieren und hofft, so erklärte sie gegenüber der taz, daß sich ihre SPD-Kollegen im Senat diesmal ihrem Votum anschließen. Bei der letzten Abstimmung hatten die übrigen SPD-Senatoren mit der CDU gestimmt.

SPD-Fraktionschef Staffelt begrüßte die Entscheidung des Richterwahlausschusses. Er erwarte, daß der Senat das Votum nunmehr endgültig respektiere und entsprechend entscheide, denn vom weiteren Vorgehen des Senats sei auch die Unabhängigkeit der Dritten Gewalt tangiert. Demgegenüber bezweifelt der CDU-Fraktionschef Landowsky nach wie vor, daß Frau Junge auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehe. Er könne sich nicht vorstellen, daß sie in den öffentlichen Dienst kommt. Dies sei »die Haltung der CDU ohne Wenn und Aber«.

In Kreisen der Regierungsfraktionen besteht noch keine Klarheit darüber, wie dieser Konflikt geregelt werden kann. Der Sprecher der SPD-Fraktion Stadtmüller machte deutlich, daß die SPD eine Überstimmung ihrer Mitglieder im Senat nicht akzeptieren werde. Hier sei der Regierende Bürgermeister gefragt. Die Oppositionsparteien FDP und Bündnis 90/ Grüne forderten den Senat auf, die Ernennung der Richterin vorzunehmen. Dieter Rulff

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