Freispruch für Grünen-Funktionäre

Bonn (taz) — Mit einem Freispruch endete gestern vor dem Landgericht Bonn die Berufungshauptverhandlung gegen das frühere Mitglied des Grünen-Bundesvorstandes, Hans- Christian Ströbele, den ehemaligen Bundesgeschäftsführer der Grünen, Eberhard Walde, und weitere Funktionäre der Grünen. Ihnen war vorgeworfen worden, für einen Aufruf an die Soldaten der gesamtdeutschen Armee im September 1990, sich einem möglichen Einsatz am Golf zu verweigern, verantwortlich zu sein. Den Satz „Wenn Ihr den Befehl bekommt, in einen Krieg irgendwo auf der Welt zu gehen, dann sagt Nein und begeht Fahnenflucht!“ hielten Staatsanwalt und Schöffengericht in Bonn für eine strafwürdige „Aufforderung zu einer rechtswidrigen Tat, nämlich zur Fahnenflucht“.

Die Angeklagten waren im Sommer des vergangenen Jahres vom Amtsgericht zu Geldstrafen von vielen tausend Mark verurteilt worden. In der Berufungsverhandlung verteidigten sie sich damit, daß die Bundesregierung damals eine Beteiligung am Golfkrieg vorbereitet habe. Diese aber sei verfassungswidrig gewesen. Die Zweite Große Strafkammer des Landgerichts Bonn stellte gestern lapidar fest, daß sich keiner der Angeklagten strafbar gemacht habe, weil gar keine ernsthafte Aufforderung zur Fahnenflucht in dem Flugblatt zu sehen sei: Die Grünen hätten wohl selbst nicht daran geglaubt, daß wegen dieses Flugblatts auch nur ein einziger Soldat zur Fahnenflucht veranlaßt würde. Dazu sei dieses Flugblatt völlig ungeeignet. Mit dieser Begründung revidierte die Kammer eine eigene Entscheidung vom Januar 1991: Kurz nach Beginn der heißen Phase des Golfkrieges entschied sie, daß die Druckunterlagen eines ähnlichen Flugblattes eines „Plenums gegen den Golfkrieg“ von der Polizei beschlagnahmt werden durften. Johannes Eisenberg