Serbenführer Milan Babić ausgetrickst

■ Das „Parlament“ der serbisch besiedelten, aber zu Kroatien gehörenden Region Krajina desavouiert den politischen Führer der Serben, Milan Babić, und stimmt der Stationierung von UNO-Truppen zu

Zagreb/Belgrad/Berlin (afp/dpa/ ap/taz) — Nach Kroatien und Serbien hat nun auch die Krajina ihr Plazet zum UNO-Friedensplan und der Entsendung von Blauhelmen in die umstrittenen Gebiete des ehemaligen Jugoslawien gegeben. Das „Parlament“ des überwiegend von Serben besiedelten, aber zu Kroatien gehörenden Gebietes im dalmatischen Hinterland hat damit Milan Babić, den „Präsidenten“ der Krajina, isoliert. Babić hatte das „Parlament“ für Montag nach Knin, den Hauptort der Krajina, eingeladen, um ein Votum für ein Volksabstimmung über die Frage der UNO-Truppen verabschieden zu lassen. Doch war ihm das Parlament mit seinem Treffen am Sonntag in Glina, das außerhalb der Krajina in der kroatischen Banija liegt, zuvorgekommen. Bei der Sitzung waren auch der jugoslawische Vizepräsident Branko Kostić und der Verteidigungsminister Blagoje Adzić anwesend.

Babić selber, der mit seiner hartnäckigen Weigerung, UNO-Truppen in der Krajina zuzulassen, auch mit dem serbischen Präsidenten Milosević und der Armeeführung in Konflikt geraten war, nahm am Treffen nicht teil. Er bezeichnete das Votum von Glina als „verfassungswidrig“ und „ungültig“. 'Radio Knin‘ sprach von einer „Zusammenkunft einer Gruppe von Scharlatanen“, die sich gegen Babić und die Bevölkerung der Krajina wende.

Die serbischen Zeitungen veröffentlichten am Wochenende in großer Aufmachung erstmals Auszüge aus dem UNO-Plan und interpretierten diesen als Zustimmung zur Abspaltung der serbisch besiedelten Gebiete Kroatiens. Kroatische Gesetze fänden während der unbegrenzten Anwesenheit von UNO-Truppen keine Anwendung mehr, hieß es in der Belgrader Presse, und die Verwaltung, das Gerichtswesen und die Polizei würden nun in den umstrittenen Gebieten die Serben ohne Einfluß Zagrebs in eigener Regie übernehmen. „Die Blauhelme sichern und bewahren, was wir in diesem Krieg erreicht haben“, faßte es Branko Kostić zusammen.

Während der kroatische Präsident Franjo Tudjman am Donnerstag, offenbar auf Druck Genschers, der wiederum vom UNO-Sonderbeauftragten Cyrus Vance unter Druck gesetzt worden war, nach einigem Zögern schriftlich und vorbehaltlos den UNO-Plan akzeptierte, meldet sich nun der stellvertretende kroatische Ministerpräsident Zdravko Tomac zu Wort. In einem Interview mit der kroatischen Wochenzeitung 'Danas‘, das heute erscheint, wirft er UN-Generalsekretär Butros Ghali vor, er sei vom Friedensplan der Vereinten Nationen und den EG-Beschlüssen abgewichen. Diese hätten eindeutig die „Unveränderlichkeit der Grenzen und das Ende Jugoslawiens“ beschlossen. „Derzeit wird wieder eine umfassende Lösung des jugoslawischen Konflikts angestrebt, die für Kroatien unannehmbar ist“, so Tomac. Er verurteilte die „Manöver“, die darauf abzielten, den „Verbleib der Besatzer“ in den derzeit von serbischen Milizen oder der jugoslawischen Armee kontrollierten Gebieten zu akzeptieren.

Die kroatische Regierung werde darauf bestehen, daß der Friedensplan wieder in seiner ursprünglichen Form gelte. Darin sei von einem Rückzug der jugoslawischen Armee aus Kroatien und einer Entmilitarisierung der von der Armee besetzten Gebiete die Rede gewesen. Butros Ghali wolle Kroatien den Verbleib serbischer Polizisten im Amt aufnötigen, die „400.000 Kroaten vertrieben haben“, sagte Tomac.

Auch in dem an die Krajina angrenzenden Bosnien-Herzegowina bahnt sich ein neuer Konflikt an. Die wichtigste kroatische Partei der von Moslems, Serben und Kroaten besiedelten Repbulik, die Kroatisch-Demokratische Gemeinschaft (HDZ), hat am Sonntag eine Änderung des Textes für die Volksabstimmung über die Zukunft der Republik vorgeschlagen. Falls die Modifikation nicht akzeptiert werde, will die Führung der HDZ ihre Anhänger aufrufen, der für den 29.Februar und den 1.März anberaumten Abstimmung, die auch von der Partei der Serben boykottiert wird, fernzubleiben.

Während das Volk aufgerufen ist, über die Unabhängigkeit der Republik schlechthin zu befinden, will die HDZ präziser fragen: „Sind Sie für ein souveränes und unabhängiges Bosnien-Herzegowina, eine Gemeinschaft der moslemischen, serbischen und kroatischen Völker in ihren nationalen Regionen, das heißt in ihren Bezirken?“ Die somit vorgesehene Einteilung Bosnien-Herzegowinas in Bezirke könnte die ohnehin sehr gespannte politische Lage in der multinationalen Republik noch komplizierter gestalten. Außerdem beschloß die HDZ am Sonntag, die Republik Kroatien darum zu bitten, daß „allen Kroaten Bosnien-Herzegowinas“ die kroatische Staatsbürgerschaft zuerkannt wird. Rund 16Prozent der 4,5 Millionen Einwohner Bosnien-Herzegowinas sind Kroaten, 36Prozent sind Serben und 41Prozent Moslems. thos