Von der Strafverfolgung freigekauft

■ Der Scheich von Abu Dhabi, BCCI-Hauptaktionär, soll sich mit den Londoner Vergleichsverwaltern geeinigt haben/ 1,7 Milliarden Dollar sollen ihn von weiteren Forderungen der Gläubiger befreien

London/Berlin (taz) — Bertolt Brecht hätte von den Gründern der Bank of Credit & Commerce International (BCCI) noch dazulernen können: Nicht nur, daß in diesem Falle der Aufbau der Bank nach CIA-Erkenntnissen eine Kette von wahrhaft kapitalen Verbrechen gewesen ist, gegen die jeder Bankraub lächerlich erscheinen muß. Nein, auch wenn all diese Verbrechen, eins nach dem anderen, aufgeflogen ist, reicht das so gewonnene Vermögen allemal, sich von der Strafverfolgung freizukaufen. Genau das scheint der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, dem Hauptaktionär der wegen Kreditbetrugs im großen Stil zusammengebrochenen BCCI, zu gelingen.

Nach einem Bericht der Londoner 'Financial Times‘ soll der Scheich des Golfemirats bereit sein, 1,7 Milliarden US-Dollar (1,72 Mrd DM) an die Gläubiger der Bank zu zahlen — unter bestimmten Bedingungen: Mit der Zahlung will sich der Hauptaktionär nach Angaben der Zeitung die Befreiung von weiteren Forderungen erkaufen. Und: er verlangt die Zusicherung, daß keine Klagen gegen ihn erhoben werden. Die Vergleichsverwalter hätten dieser Vereinbarung mit dem Herrscher des Golfemirats zugestimmt, um langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden. Diejenigen Gläubiger, die dies ablehnen, sollen von der Zahlung aus Abu Dhabi nicht profitieren können.

Gerichte in Luxemburg, auf den Cayman-Inseln und in London müßten die Regelung noch billigen. In den USA hatte sich die BCCI bereits zu Weihnachten mit der Zusage, das dort noch vorhandene Vermögen von 550 Millionen Dollar den Gläubigern zu überlassen, von weiteren Forderungen freigekauft.

Falls nach den bis jetzt bekannt gewordenen BCCI-Verbindlichkeiten in Höhe von etwa zehn Milliarden US-Dollar noch weitere Forderungen auftauchen, will Abu Dhabi die Zahlungen bis auf maximal 2,2 Milliarden US-Dollar erhöhen. Zusammen mit dem Restvermögen der BCCI-Zentralen in Luxemburg und auf den Cayman-Inseln kämen so 3,3 Mrd. Dollar zusammen.

BCCI war im Sommer letzten Jahres unter dem Vorwurf schwerer Betrügereien geschlossen worden: In London hatte die Notenbank herausgefunden, daß das Institut einen Milliardenkredit an einen pakistanischen Großreeder ohne jede Sicherheit vergeben hatte — finanziert aus den Spareinlagen indischer und pakistanischer Einwanderer, die sich in Großbritannien kleine Geschäfte aufgebaut hatten. Danach entdeckten die Bankenaufseher in allen 69 BCCI-Ländern illegale Finanztransaktionen. So wusch Panamas Ex- Diktator Noriega sein Drogengeld über die „Bank of Crooks & Criminals Internatiional“ (CIA-Bericht von 1984), und der palästinensische Terrorist Abu Nidal unterhielt ein Attentatskonto in London. Donata Riedel